Der Tech-Riese Apple baut sein Engagement im Finanzbereich aus und bietet Nutzern der Apple Card künftig ein digitales Sparkonto an. Einen Makel hat das Angebot jedoch.
Tech-Gigant Apple macht eine Kampfansage: In den USA bietet das Unternehmen künftig ein Sparkonto an, auf das Kunden Zinsen in Höhe von 4,15 Prozent pro Jahr bekommen. Das Angebot ist ein gemeinsames Projekt von Apple mit der US-Investmentbank Goldman Sachs.
Mit der Ankündigung setzt das Tech-Unternehmen klassische Banken enorm unter Druck. Bisher zahlen die ihren Kunden nur verschwindend geringe Zinsen auf Sparguthaben: Laut “Financial Times” (FT) beträgt der durchschnittliche US-Sparkassenzins gerade einmal 0,37 Prozent. Apples 4,15 Prozent sind also mehr als das Zehnfache. Und selbst gute Angebote wie die der Konkurrenten American Express (3,75 Prozent) oder von Apples Kooperationspartner Goldman (Marcus-Sparkonto 3,9 Prozent) stellt der Techriese in den Schatten.
Enziger Makel: Das Konto ist bisher ausschließlich Nutzerinnen und Nutzern in den USA vorbehalten, die bereits die Kreditkarte Apple Card haben. Maximal 250.000 Euro können Kunden darauf einzahlen. Verwaltet wird das Geld von Goldman Sachs. Die Bank gibt auch die Apple Kreditkarte seit 2019 aus, das Zahlungssystem wiederum läuft über Mastercard. Goldman stand zwischenzeitlich wegen frauendiskriminierenden Algorithmen bei der Vergabe des Kreditkrahmens für die Apple Card in der Kritik.
Apple Pay soll gepusht werden
Mit der Einführung des gebührenfreien Sparkontos versucht Apple offenbar, seine Kundinnen und Kunden weiter an sich zu binden und die Kreditkarte Apple Card sowie den eigenen Zahlungsdienst Apple Pay zu stärken. Kundinnen und Kunden sollen das Konto über die Wallet-App des iPhones verwalten können.
Dass das Kontomodell bald nach Deutschland kommt, ist eher unwahrscheinlich. Den Bezahldienst Apple Pay launchte Apple 2014, erst 2018 wurde er in Deutschland eingeführt. Perspektivisch könnte es aber durchaus sein, dass die Kreditkarte auch in Europa und Deutschland irgendwann angeboten wird.
Einige Marktbeobachter glauben, dass Apple nach und nach zur Bank avanciert. Der CEO des Zahlungsdienstes Paddle, Christian Owens, widerspricht: “Ich glaube nicht, dass Apple eine Bank sein will”, sagte er der FT. “Ich denke, Apple kann die Wirtschaftlichkeit einer Bank ausnutzen, ohne eine Bank zu werden.”
Insbesondere für kleinere Banken wird Apple durch seine Kooperationen im Finanzsektor zunehmend zum Konkurrenten. Sie gerieten zuletzt unter Druck, Einlegern bessere Sparzinsen anzubieten – auch um zu verhindern, dass diese abwandern oder ihr Geld in Fonds umschichten.
Seit die US-Notenbank Fed im März 2022 erstmals die Zinssätze anhob, zogen Kunden laut FT rund 800 Milliarden Dollar von den US-Geschäftsbanken ab. Wirklich überraschend ist das allerdings nicht, denn die Kreditinstitute verlangten daraufhin mehr für Kredite, gaben die gestiegenen Zinsen gleichzeitig aber nicht an ihre Kunden weiter.
Mehr Zinsen auch in Deutschland
In Europa und Deutschland sehen sich Bankkunden mit einem ähnlichen Phänomen konfrontiert. Auch hierzulande geben viele Finanzinstitute die gestiegenen Leit- und Kapitalmarktzinsen noch immer nicht an Sparerinnen und Sparer weiter.
Nach Daten des Einlagenvermittlers Raisin lag der Zinssatz Ende Februar für Tagesgelder mit einer Laufzeit von bis zu einem Jahr bei 1,95 Prozent, 2022 waren es erst 0,06 Prozent. Auf Sichteinlagen hingegen, also dem jederzeit verfügbaren Sparkonto-Bestand, zahlten Banken ihren Kundinnen im Schnitt und Zwölfmonatsvergleich zuletzt gerade einmal 0,12 Prozent Zinsen.
Das könnte sich nun ändern, denn es kommt Bewegung in den Markt – nicht nur durch große Player wie Apple: Die ING Bank bietet in Deutschland künftig auf ihr Tagesgeld drei Prozent Zinsen – zumindest für Neukunden und Neugeld von Bestandskunden. Bisherige Einlagen werden weiterhin nur mit 0,6 Prozent und damit kaum höher als bei vielen Sparkassen oder genossenschaftlichen Banken verzinst. Außerdem ist das Angebot zeitlich auf ein halbes Jahr beschränkt.
Zuvor hatte schon der Berliner Neobroker Trade Republic mit Zinsen von zwei Prozent den Startschuss für den Zins-Wettlauf gegeben. In den dürften nun auch Filialbanken einsteigen, prognostiziert Oliver Geiseler, Senior Partner der Unternehmensberatung Capco. Neben den Filialbanken rechnet er auch bei Autobanken mit steigenden Sparzinsen. Die Finanzsparten von Volkswagen, BMW oder Mercedes nutzen die Spareinlagen zur Refinanzierung ihres Geschäftes.
Der Artikel erschien zuerst bei Capital.de.