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Wer legt fest, wie hoch der Mindestlohn ist?

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Eines ist jetzt schon klar: Millionen Beschäftigte in Deutschland werden im kommenden Jahr mehr Geld verdienen. Denn der Mindestlohn wird angepasst. Bislang liegt er bei 12 Euro die Stunde, die Kommission legt nun ihren Vorschlag für eine Erhöhung vor. Die Entscheidung bleibt bis zur Veröffentlichung an diesem Montag ein gut gehütetes Geheimnis. Antworten zu den wichtigsten Fragen.

Wer entscheidet über die Höhe des Mindestlohns?

Im vergangenen Herbst hat die Ampel den Mindestlohn ausnahmsweise per Gesetz von 10,45 Euro auf 12 Euro angehoben. Vor allem die SPD hatte sich dafür im vergangenen Bundestagswahlkampf starkgemacht. Normalerweise ist das aber anders: Ansonsten ist die Mindestlohnkommission zuständig. Darin beraten jeweils drei hochrangige Arbeitgeber- und Gewerkschaftsvertreter, zwei Wissenschaftler und ein oder eine Vorsitzende alle zwei Jahre über eine Erhöhung der Lohnuntergrenze. Berücksichtigt wird dabei die Tarifentwicklung im Land. Die Kommission legt dann einen Vorschlag vor, den die Regierung in der Regel mit einer Verordnung verbindlich macht.

Wie viele Menschen arbeiten für 12 Euro Mindestlohn?

Ganz genau lässt es sich nicht sagen. Nach jüngsten Angaben des Statistischen Bundesamtes waren aber im Oktober ungefähr sechs Millionen abhängig Beschäftigte (15 Prozent) im Niedriglohnsektor beschäftigt. Zum Niedriglohnbereich zählen demnach Jobs, in denen weniger als 12,76 pro Stunde gezahlt wird. Von der Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro im Oktober profitierten den Angaben zufolge etwa 5,8 Millionen Menschen, die vorher weniger als 12 Euro die Stunde hatten.

Ist der Mindestlohn brutto oder netto?

Brutto. Nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums bekommen Beschäftigte bei einer 40-Stunden-Woche mit Mindestlohn etwa 2080 Euro brutto im Monat. Wie viel davon netto nach Abzug von Steuern, Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung bleibt, hängt wie immer von verschiedenen Faktoren ab, etwa der Steuerklasse, dem Familienstand oder der Anzahl der Kinder.

Was droht einem Arbeitgeber, der weniger zahlt?

Das kann teuer werden. Es drohen Geldbußen bis zu 500.000 Euro. Außerdem kann das Unternehmen von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden. Auf der Internetseite des Bundesarbeitsministeriums gibt es einen “Mindestlohn-Rechner”: Durch Eingabe des Bruttogehalts und der Wochenarbeitszeit lässt sich dort überprüfen, ob das Gehalt unter dem Mindestlohn liegt. Für den Fall von Verstößen gibt es beim zuständigen Zoll die Mindestlohn-Hotline.

Haben auch Azubis, Schüler und Minijobber Anspruch auf Mindestlohn?

Minijobber, ja. Für Azubis gibt es eigene Regeln (Mindestvergütung für Auszubildende). Schüler-Jobs fallen in der Regel nicht unter die Mindestlohn-Regel: Wer unter 18 ist und noch keinen Berufsabschluss hat, hat keinen Anspruch. Bei Praktika gilt, handelt es sich um ein freiwilliges “Orientierungspraktikum” neben Studium oder Ausbildung, besteht kein Anspruch auf Mindestlohn, es sei denn, es dauert länger als drei Monate. Bei “Pflichtpraktika”, die als Teil des Studiums absolviert werden müssen, besteht auch kein Anspruch.

Wie hat sich der Mindestlohn seit seiner Einführung im Vergleich zur Inflation entwickelt?

Der Mindestlohn ist seit seiner Einführung 2015 von 8,50 Euro schrittweise auf 12 Euro erhöht worden – ein Plus von 41 Prozent. Besonders große Anhebungen gab es im vergangenen Jahr. Ende 2021 lag der Mindestlohn noch bei 9,60 Euro. In drei Schritten ging es dann 2022 auf 12 Euro hinauf. Die Verbraucherpreise (Lebensmittel, Energie, Mieten, Kleidung usw.) stiegen zwischen 2015 und 2022 laut Statistischem Bundesamt – wenn man den Durchschnittsjahreswert bei der Inflation zugrunde legt – um 16,6 Prozent.

Was empfehlen Wirtschaftsexperten der Kommission?

Das Münchner Ifo-Insitut plädiert für Zurückhaltung – und verweist auf die Gesamtentwicklung der Tariflöhne. “Im ersten Quartal 2023 lagen die Tariflöhne knapp drei Prozent höher als ein Jahr zuvor, bis Oktober könnte die Steigerung etwas höher liegen. Sinn dieser Regel ist, dass die Mindestlöhne den allgemeinen Tariflöhnen folgen sollten, sie die Lohnentwicklung aber nicht bestimmen sollen”, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Gibt es noch andere Stimmen?

Marcel Fratzscher, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, hält dagegen. Er sagte, eine Erhöhung des Mindestlohns auf 14 Euro hätte gesamtwirtschaftlich gesehen positive Effekte. “Denn es würde die Kaufkraft vieler Menschen stützen und somit auch einen Nachfrageimpuls setzen und zum wirtschaftlichen Aufschwung beitragen”, sagte er.

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