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Nur der “Botox”-DAX schafft den Rekord

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Der deutsche Leitindex erklimmt ein neues Rekordhoch. Der “echte” DAX zeigt allerdings: Der deutsche Aktienmarkt hinkt sowohl den US-Börsen als auch der europäischen Konkurrenz hinterher und befindet sich noch längst nicht auf Rekordniveau.

16.331 Punkte. Der deutsche Aktienmarkt hat ein neues Rekordniveau erreicht – zumindest laut seinem Leitindex, dem DAX 40. Der Index der 40 hierzulande notierten, laut Auswahlkriterien der Deutschen Börse wichtigsten Konzerne stellte Ende vergangener Woche sein bisheriges Allzeithoch von November 2021 ein. Auch zu Beginn der neuen Handelswoche hält sich der DAX annähernd auf dem Rekordniveau. Einige Marktteilnehmer gehen davon aus, dass der Index kurzfristig sogar noch steigen könnte, da einige Investoren dem Markt “hinterherlaufen”. Das heißt, sie wurden von der guten Entwicklung überrascht und kaufen jetzt nach.

Überraschend erscheint die Kursentwicklung in mehrerer Hinsicht: Der DAX hat damit alle Verluste seit dem zeitweise dramatischen Absturz infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine mehr als ausgeglichen. Und das, obwohl die Energiekrise die deutsche Industrie weiter in Atem hält, wie etwa an der Diskussion um einen möglichen Industriestrompreis und der Debatte über eine angebliche Deindustrialisierung abzulesen ist. Der deutsche Leitindex läuft zuletzt auch deutlich besser als internationale Vergleichsindizes wie der europäische Stoxx 50 oder der S&P 500, der den amerikanischen Aktienmarkt abbildet.

Eine weitere Auffälligkeit: Zwar verdienten viele deutsche Konzerne trotz der schwachen Konjunktur zuletzt gut, aber nur wenige Aktien der DAX-Konzerne notieren auf Rekordniveau. Der Widerspruch erklärt sich daraus, dass der DAX 40 in seiner in der Regel betrachteten Form in all diesen Vergleichen ein Scheinriese ist, ein “aufgeplusterter Botox-Index”, wie ntv-Börsenexperte Frank Meyer es formuliert. Der DAX in seiner meistzitierten Form ist ein Performance-Index, er bildet im Gegensatz zu den Notierungen der Einzelaktien und auch der internationalen Vergleichsindizes nicht nur die Kursentwicklung ab, sondern bezieht auch alle Dividendenausschüttungen mit ein.

DAX 16.223,99

Ein Performance-Index wie der DAX ist nützlich, um die Rendite von Investments in diesen Index etwa mit einem entsprechenden Aktienfonds abzubilden. Steigt der DAX, wie etwa seit Anfang dieses Jahres um gut 15 Prozent, entspricht das dem theoretischen Gewinn eines Anlegers eines DAX-Indexfonds, der die Dividenden nicht ausgezahlt, sondern reinvestiert hat. Für Vergleiche mit einzelnen Aktien oder internationalen Indizes müsste dagegen der DAX-Kursindex herangezogen werden. Und der schneidet erheblich schlechter ab.

“Das ist Sprit für die Börse!”

Der DAX-Kursindex hatte immerhin ein Jahreshoch im April erreicht. Das liegt aber mehr als 400 Punkte unter dem Rekordhoch, welches der Index im Herbst 2021 bei knapp 6900 Punkten markierte. Der Kursindex macht deutlich, dass der deutsche Aktienmarkt dem amerikanischen, der an Kursindizes wie dem S&P 500 gemessen wird, weit hinterherhinkt. “Es zeigt sich auch, dass der DAX im Vergleich zu seinen europäischen Brüdern aus der Stoxx-Familie seit fünf Jahren abgehängt wird”, sagt ntv-Experte Meyer.

Wie geht es für den DAX, ob vom Rekordniveau des Performance-DAX oder dem niedrigeren Stand des Kursindex aus weiter? Experten erwarten, dass es nach der Rally im vergangenen halben Jahr schwerer wird für den Aktienmarkt. “Wir erkennen mittlerweile, dass die Hürden für weitere Aktieninvestitionen höher geworden sind”, sagt Marcus Hüttinger vom Finanzinvestor Gané im ntv-Interview. Hüttinger verweist etwa auf die gestiegenen Zinsen, die “ganzen Branchen” das Leber schwerer machten. Zudem seien andere Anlageklassen im Vergleich zu Aktien durch die Zinserhöhungen wieder attraktiver geworden.

Trotz verschiedener Risiken, etwa durch den Schuldenstreit in den USA oder die Inflation, erwartet Markus Sievers, der Geschäftsführer von Apano Investments, dass das Niveau des Aktienmarkts hoch bleibt. “Bis zum Jahresende könnten noch ein paar Prozent draufkommen”, sagt Sievers im Gespräch mit ntv. Er verweist außerdem darauf, dass die Unternehmen allen Problemen zum Trotz in der Lage seien, ihr Gewinnniveau durch Effizienzsteigerungen aufrechtzuerhalten. “Das ist Sprit für die Börse!”

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