In Rottweil und Bamberg starten zwei Prozesse um mögliche Schäden durch Corona-Impfungen. Auf der Anklagebank sitzen die Pharmakonzerne Astrazeneca und Biontech. Die Kläger hoffen auf hohe Entschädigungen.
Ein Zivilprozess gegen den Impfstoffhersteller Biontech wegen eines möglichen gesundheitlichen Schadens durch eine Corona-Impfung hat vor dem Landgericht Rottweil begonnen. Ein 58-Jähriger wirft dem Mainzer Unternehmen vor, als Folge der Impfung auf dem rechten Auge fast vollständig erblindet zu sein. Er verlangt 150.000 Euro Schmerzensgeld. Zudem will er Biontech zum Ersatz von möglichen materiellen Schäden verpflichten.
Dem Vorsitzenden Richter zufolge wird es aber wohl schwierig für den Kläger, seine Forderungen durchzusetzen. So bestehe etwa kein Anspruch auf Schadenersatz, wenn das Nutzen-Risiko-Verhältnis eines Arzneimittels positiv sei. Die Klägerseite argumentiert, dass beim Nutzen-Risiko-Verhältnis der heutige Wissensstand berücksichtigt werden müsse. Außerdem habe es nur eine vorläufige Zulassung für den Impfstoff gegeben, als sein Mandant 2021 geimpft worden sei, erklärte der Anwalt des 58-Jährigen. Danach sei der Impfstoff verändert worden. Eine Entscheidung in dem Fall könnte das Gericht Ende September verkünden.
Berufungsprozess gegen Astrazeneca in Bamberg
Parallel zu dem Fall im baden-württembergischen Rottweil startete auch vor dem Oberlandesgericht im bayerischen Bamberg ein Zivilverfahren um einen mutmaßlichen Corona-Impfschaden. Dabei klagt eine Frau in einem Berufungsverfahren schon in zweiter Instanz gegen den Impfstoffhersteller Astrazeneca, nachdem das Landgericht Hof ihren Antrag auf Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 250.000 Euro und weitere Leistungen im Januar als unbegründet abgelehnt hatte.
Die Klägerin macht eine dauerhafte Darmschädigung nach einer Thrombose geltend. Sie lag unter anderem auf der Intensivstation, ihr mussten operativ Teile des Dünndarms entfernt werden. Sie ist ihrer Klage zufolge seitdem sowohl körperlich als auch seelisch schwer beeinträchtigt. Das Landgericht Hof lehnte diese allerdings als unbegründet ab, weil keine Produkt- und Informationsfehler vorgelegt hätten. Dagegen ging die Frau in Berufung.
Der zuständige Senat in Bamberg setzte nach Angaben eines Gerichtssprechers nach Erörterung der Sach- und Rechtslage in der Sache einen Verkündungstermin für den 14. August an. Demnach wird dann aber nicht zwingend eine Entscheidung verkündet. Denkbar ist unter anderem auch ein Hinweisbeschluss oder eine Entscheidung darüber, ob Sachverständige zu dem Verfahren hinzugezogen werden.
200 Zivilklagen wegen mutmaßlicher Impfschäden
Die Prozesse in Rottweil und Bamberg gehören zu den ersten in einer ganzen Reihe von Verfahren wegen mutmaßlicher Impfschäden gegen unterschiedliche Vakzinhersteller, die derzeit bundesweit vor deutschen Zivilgerichten anlaufen. Die Klägerinnen und Kläger fordern wegen mutmaßlich auf die Impfungen zurückgehenden Gesundheitsschäden Schadenersatz und Schmerzensgeld. Die Hersteller weisen deren Forderungen zurück und bestreiten, dass sie in diesen Fällen eine Verantwortung trifft oder dass die Gesundheitsschäden ursächlich mit den Impfungen zusammenhängen.
Medienberichten zufolge sollen inzwischen insgesamt mehr als 200 Zivilklagen wegen mutmaßlicher Impfschäden vor Gerichten anhängig sein oder vorbereitet werden. Unabhängig davon beantragten demnach knapp 9000 Menschen bundesweit bei den Behörden die Anerkennung eines Impfschadens, wobei es sich um ein separates Verfahren zur Schadensregulierung handelt. Davon wurden bisher weniger als 400 anerkannt.
In Deutschland wurden laut Behörden im Laufe der Coronapandemie bis April 2023 rund 64,9 Millionen Menschen gegen Corona geimpft. Dabei wurden insgesamt rund 192,2 Millionen Impfdosen verschiedenen Typs verabreicht.