Während der Corona-Pandemie hatten Hotels, Bars und Restaurants eine besonders schwere Zeit. Zum Jahresbeginn soll eine Erleichterung aus dieser Zeit – der reduzierte Mehrwertsteuersatz – wieder wegfallen. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung findet das folgerichtig.
Der Ökonom Marcel Fratzscher hat die Ampelpläne zur Rückkehr zum regulären Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie begrüßt – und prognostiziert steigende Preise für Verbraucher. “Wahrscheinlich werden von den zwölf Prozentpunkten, die die Mehrwertsteuer jetzt in der Gastronomie steigt, 70 bis 80 Prozent an die Kunden weitergegeben”, sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) dem “Spiegel”. Das entspräche rund zehn Prozent höheren Preisen.
Fratzscher verweist dabei auf Erfahrungen aus der flächendeckenden Mehrwertsteuersenkung im zweiten Halbjahr 2020. Womöglich haben einige Restaurants aber auch noch einen Gewinnpuffer: “Die Gastronomie hat die Preise in den vergangenen beiden Jahren bereits deutlich stärker erhöht als die Inflation.”
Ökonom rechnet nicht mit Pleitewelle
Die Abschaffung des Steuerprivilegs zu Jahresbeginn verteidigt der Ökonom an sich. “Es gibt keine Rechtfertigung für die Verlängerung der Mehrwertsteuersenkung mehr”, sagte Fratzscher. Es sei darum gegangen, der von der Coronakrise besonders hart getroffenen Branche zu helfen. Die Senkung “ist teuer, das Geld fehlt irgendwo anders, für die Kindergrundsicherung und die Bekämpfung von Armut”, sagt er.
Hinzu kommt laut Fratzscher: “Es ist eine Steuersenkung, die vor allem Besserverdienern zugutekommt und keine sozial ausgewogene Entlastung. Leute, die zum Mindestlohn arbeiten, können sich die Angebote in der Regel sowieso nicht leisten.”
Mit einer von Branchenvertretern befürchteten Pleitewelle rechnet er nicht – und argumentiert: “Die Mehrwertsteuer wurde gesenkt, damit es für die Kunden günstiger wird und so die Nachfrage steigt. Die Senkung sollte nicht in erster Linie eine direkte Subvention für die Unternehmen sein.” Wenn Unternehmen Insolvenz anmelden müssen, dann hänge das nicht notwendigerweise an der Mehrwertsteuer, sondern vor allem an strukturellen Gründen wie den fehlenden Fachkräften oder sich ändernden Bedürfnissen der Kunden. So sei durch die Pandemie der Anteil an Geschäftsreisen etwa deutlich zurückgegangen.