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Energiewende-Boom gleicht Bau-Flaute nicht aus

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Die Energiewende bietet nach Ansicht der Baubranche großes Potenzial. Doch in anderen Bereichen sieht es derzeit trübe aus. Vor allem der Wohnungsbau ist in einer ausgewachsenen Krise. Die Bauwirtschaft schließt inzwischen Kurzarbeit und Stellenstreichungen nicht mehr aus.

Die deutsche Baubranche befürchtet wegen der Flaute am Wohnungsbau im laufenden Jahr weniger Umsätze. “Auch der Sanierungsbereich kann die Umsatzverluste nicht ausgleichen”, sagte der Vorsitzende der Bundesvereinigung Bauwirtschaft (BVB), Marcus Nachbauer, in Berlin. Nominal dürften die Erlöse zwar um zwei Prozent auf 435 Milliarden Euro klettern. Bereinigt um Preissteigerungen von rund sieben Prozent bedeute dies letztlich aber ein Minus – konkret von real fünf Prozent. Der Rückgang allein im Bauhauptgewerbe gehe auf den Nachfrageeinbruch im Wohnungsneubau zurück. Die Vereinigung umfasst das Bauhauptgewerbe und die Betriebe im sogenannten Ausbau wie Maler, Tischler und Dachdecker.

“Angesichts einer nahezu Vervierfachung der Finanzierungskosten reichen die Investitionsbudgets vom Häuslebauer bis zum Investor nicht aus”, betonte Nachbauer. Die Aufträge vom Vorjahr seien weitgehend abgearbeitet. “Jetzt drohen Kurzarbeit und Beschäftigungsabbau.” Insgesamt dürfte die Zahl der Beschäftigten im Jahresschnitt 2023 bei etwa 3,4 Millionen weitgehend stabil bleiben. Im Bauhauptgewerbe wird ein Rückgang um rund 10.000 auf 883.400 erwartet und beim Ausbau ein leichtes Minus um 2700 auf 874.900.

Die Sparte Gebäudetechnik und Dienstleistungen allerdings profitiert von Maßnahmen zum Klimaschutz sowie zur Energieeffizienz und dürfte die Belegschaft um gut 13.000 auf 1,64 Millionen Beschäftigte steigern. Die Nachfrage nach Energieeffizienzmaßnahmen, Photovoltaik-Anlagen, Ladestationen für Elektrofahrzeuge und Wärmepumpen, Dienstleistungen und Sanierungsaufwendungen in den Bestandsgebäuden sei hoch, hieß es. Die Energiewende biete ein riesiges Potenzial für den Sanierungsbereich.

Auftragseinbruch im Wohnungsbau

Die zunehmend schwierige Lage am Bau zeigt sich bei der schwachen Auftragslage. Die Bestellungen sanken im Bauhauptgewerbe im ersten Quartal 2023 binnen Jahresfrist nominal um knapp sechs Prozent und inflationsbereinigt um 19 Prozent, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Der Umsatz kletterte wegen stark gestiegener Baupreise zwar um 6,2 Prozent, fiel aber inflationsbereinigt (real) um 8,2 Prozent.

In den ersten drei Monaten seien vor allem die Aufträge im Wohnungsbau um 36 Prozent gesunken, betonte der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie (HDB), Tim-Oliver Müller. “Eine Besserung ist nicht in Sicht, schließlich sind auch die Wohnungsbaugenehmigungen im freien Fall.” Es sei daher kein Wunder, dass im April – laut einer Umfrage des Münchner IFO-Instituts – jedes dritte Bauunternehmen über Auftragsmangel im Wohnungsbau klage. “Im März war es noch jedes vierte.”

Die Bundesregierung hatte sich ursprünglich vorgenommen, dass in Deutschland rund 400.000 Wohnungen im Jahr gebaut werden. Trotz eines minimalen Anstiegs waren es 2022 nur 295.300 Einheiten. Für das laufende Jahr rechnen die Branchenverbände HDB und ZDB jeweils nur noch mit rund 250.000 Neubauten.

“Können auch ohne Schulabschluss Perspektive bieten”

Das politische Ziel, 400.000 Wohnungen pro Jahr zu bauen, sei richtig, sagte Nachbauer. Auch mit Blick auf die hohen Zuwanderungszahlen werde der Wohnraumbedarf steigen. Nötig sei deshalb dringend eine dauerhaft auskömmliche Förderung mit klaren und einfachen Förderbedingungen und eine deutlichere Zinsstützung durch die Förderbank KfW.

Eine der größten Herausforderungen für die Bauwirtschaft sei das Ringen um Fachkräfte. Besonders hoch sei der Bedarf jetzt schon im Bereich Sanitär, Heizung und Klimatechnik sowie im Elektrobereich. Es gelte, jetzt alle inländischen Potenziale zu gewinnen. “Auch Menschen ohne Schulabschluss können wir durch eine praxisnahe Qualifizierung in der Bauwirtschaft eine gute Perspektive bieten”, betonte Nachbauer. “Das Verbot der Zeitarbeit muss aufgehoben werden.”

Darüber hinaus sei aber auch die Bauwirtschaft auf Zuwanderung angewiesen. Nachbauer forderte Nachbesserungen im Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das bisher allein auf formale Qualifikationen abstelle. “Damit springt es für die Praxis zu kurz, denn wir brauchen nicht nur hochqualifizierte Facharbeiter, sondern auch Arbeitskräfte auf den Baustellen”, monierte Nachbauer.

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