Die Aussicht auf eine Lösung im US-Schuldenstreit befeuert die Börsen. Der DAX erreicht ein historisches Hoch. Der japanische Leitindex erreicht den höchsten Stand seit mehr als 30 Jahren.
Die Erwartung einer baldigen Einigung im US-Schuldenstreit hat den DAX auf ein Rekordhoch getrieben. Der deutsche Leitindex kletterte zwischenzeitlich um 1,0 Prozent auf 16.332 Punkte und übertraf damit seinen bisherigen Bestwert vom November 2021 von 16.290 Punkten.
“Demokraten und Republikaner scheinen sich doch auf eine Anhebung der Schuldenobergrenze zu einigen”, sagte Christian Henke vom Broker IG. Allein diese Nachricht habe zuletzt ausgereicht, um eine Kursrally an den Märkten auszulösen. Der EuroStoxx50 gewann zeitweise 0,9 Prozent, die japanische Börse kletterte auf den höchsten Stand seit 33 Jahren. Auf Wochensicht kommt der DAX bis auf ein Plus von fast 2 Prozent.
Im Streit über die US-Schuldenobergrenze hatten Präsident Joe Biden und der führende Kongressabgeordnete Kevin McCarthy zuletzt ihre Entschlossenheit bekräftigt, eine rasche Einigung zu erzielen, um die Schuldenobergrenze anzuheben und einen Zahlungsausfall der USA zu verhindern. Käme kein Deal zustande, könnte die Regierung Anfang Juni ihre Rechnungen womöglich nicht mehr bezahlen – ein Szenario mit möglicherweise verheerenden Auswirkungen auf das weltweite Finanzsystem. Das wäre ein hochriskantes Unterfangen, aber die Wahrscheinlichkeit für dieses Szenario sei nicht mehr besonders hoch, sagte Kevin Thozet vom Fondsmanager Carmignac.
Anleger rechnen mit Einigung
Finanzministerin Janet Yellen hatte vor einem weltweiten Finanzbeben gewarnt, sollte es zu einem Zahlungsausfall der USA kommen. Bis zum Wochenende muss nach Darstellung des Republikaners McCarthy ein Deal stehen, um die Vereinbarung durch den Senat und das Repräsentantenhaus bringen zu können. Präsident Joe Biden wird am Sonntag und damit früher als geplant vom G7-Gipfel in Japan zurückreisen.
Noch ist eine Einigung nicht in trockenen Tüchern, die Börsen preisen eine solche aber bereits ein. Sollten sie recht behalten, dürfte es in dem gegenwärtigen Umfeld nur eine Frage der Zeit sein, bis der DAX das bisherige Allzeithoch einstellen wird. Stelle sich der Ausbruch nach oben nicht als Eintagsfliege heraus, dürften neue Höchststände die Folge sein, prognostiziert Christian Henke vom Broker IG. “Das nächste Etappenziel wäre dann die nächste runde Zahl bei 17.000 Zählern.”
Hinzu kommt: Vom Ukraine-Krieg ist an den Rohstoffmärkten kaum noch etwas zu spüren, die gerade zu Ende gegangene Berichtssaison ist besser als erwartet gelaufen. Die Anleger schauten mittlerweile wieder optimistischer nach vorne, sagt Frank Sohlleder, Marktanalyst für das Handelshaus ActivTrades. “Die Unternehmen verdienen letztendlich kräftig, auch während oder gerade wegen der Inflation, was die Quartalsberichte eindrucksvoll belegen.” Die Nachfrage bleibe ungebremst hoch. Rund die Hälfte der im Index STOXX 600 vertretenen Unternehmen haben ihre Bilanzen für das erste Quartal präsentiert und rund zwei Drittel haben dabei die Erwartungen übertreffen können. “So lange die Konsumenten noch den einen oder anderen Euro auf der hohen Kante haben, dürfte das Nachfragesignal auch nicht erlöschen”, sagt Sohlleder.
Konjunkturdaten im Fokus
Sollte das Thema Schuldenstreit abgehakt sein, werden sich die Anleger wieder verstärkt an Konjunkturindikatoren orientieren. Als erste Stimmungsindikatoren der Woche stehen am Dienstag aus Deutschland und der Eurozone die Einkaufsmanagerindizes für Industrie und Dienstleistungen an. Wie es um die Stimmung in den Chefetagen der Unternehmen bestellt ist, wird der IFO-Geschäftsklimaindex am Mittwoch zeigen.
Am Donnerstag steht zudem das GFK-Konsumklima auf dem Tableau sowie detaillierte Zahlen zur deutschen Wirtschaftsleistung im ersten Quartal. “Kommende Woche wird sich zeigen, ob die deutsche Wirtschaft nach dem bisher flauen Jahresauftakt in Schwung kommt oder eher auf eine Rezession zusteuert”, sagt Robert Greil, Chefstratege von Merck Finck. Auf der anderen Seite des Atlantiks steht unter anderem die zweite Schätzung für das US-Bruttoinlandsprodukt zur Veröffentlichung an.
Auf der Unternehmensseite lassen sich noch einige wenige Konzerne in die Bücher schauen. Ansonsten läuft die Hauptversammlungs-Saison auf vollen Touren. Hierzulande laden unter anderem Fraport, Sixt, Zalando und Puma ihre Aktionäre ein.