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Umleitungen und Ersatzverkehr mit Bussen – auf Bahnreisende kommt in den nächsten Jahren so einiges zu. Denn nacheinander werden Dutzende hochbelastete Strecken gesperrt, damit die Schienen erneuert werden können. Bei einem Gipfel stellen Bahn und Bund den Zeitplan vor.
Der Bund will das marode Schienennetz der Deutschen Bahn mit einer milliardenschweren Sanierung fit für die Zukunft machen. Bis 2027 sollten trotz angespannter Haushaltslage rund 40 Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt werden, sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing auf dem Schienengipfel 2023 in Frankfurt. Die Schieneninfrastruktur sei jahrzehntelang vernachlässigt und an ihre absoluten Grenzen gebracht worden. Das sei nicht mehr hinnehmbar und auch nicht der Anspruch des Standorts Deutschland. Der FDP-Politiker appellierte an Bahn und Bauwirtschaft, die Sanierung nun gemeinsam anzugehen: “Das Geld ist da, es kann losgehen.” Die Bahn sei wichtig als klimafreundlicher Verkehrsträger.
Das Investitionspaket ist das seit der Bahnreform 1994 größte und umfassendste Infrastrukturprogramm für das Schienennetz und die Bahnhöfe. Verkehrsministerium und Bahn haben die zu sanierenden hochbelasteten Strecken identifiziert und bis 2030 priorisiert. Es wird dann allerdings zu längeren und umfassenden Streckensperrungen mit Ersatzverkehr kommen.
Die Teilstrecken sollen für die Arbeiten in der Regel jeweils fünf Monate lang komplett gesperrt werden. Damit verbunden sind teils weite Umleitungen für den Zugverkehr, der danach aber über Jahre ungestört laufen soll. Die Bahn muss dafür umfangreiche Ersatzverkehre und Umleitungen organisieren. Am Ende soll nach der Generalsanierung von 4000 Kilometern Schiene ein rund 9000 Kilometer umfassendes “Hochleistungsnetz” stehen. Insgesamt umfasst das Netz rund 34.000 Kilometer.
40 Abschnitte werden erneuert
Mit der Strecke Frankfurt/Main – Mannheim geht es 2024 los, dann folgen 2025 die Korridore Emmerich – Oberhausen und Hamburg – Berlin. 2030 soll mit Mannheim – Karlsruhe die Sanierung des letzten der insgesamt 40 Korridore starten, sagte Wissing. Auf dem Frankfurter “Schienengipfel” mit der Bau- und der Bahnindustrie wurde die weitere Reihenfolge der Schienenabschnitte vorgestellt. 2026 sollen unter anderem die Strecken Köln-Hagen, Nürnberg-Reichswald-Regensburg, Troisdorf-Koblenz und Koblenz-Wiesbaden in Angriff genommen werden.
Das Verkehrsministerium stellt die für die Investitionen in die Schieneninfrastruktur erforderlichen Mittel bereit. Im Entwurf für den Haushalt 2024 und der Finanzplanung bis 2027 sind zusätzliche 11,5 Milliarden Euro für die Schiene vorgesehen, aus dem Klima- und Transformationsfonds kommen weitere 12,5 Milliarden Euro. Die Bahn selbst steuert drei Milliarden Euro bei. Weitere 12,5 Milliarden Euro sollen über eine Eigenkapitalerhöhung zur Verfügung gestellt werden, wie Wissing erläuterte. Zusammen seien das insgesamt knapp 40 Milliarden Euro. Die Bahn habe den Bedarf auf rund 45 Milliarden Euro beziffert und man werde “die noch ausstehenden Mittel in den kommenden Jahren aufbauen”.
Der Bedarf ist groß. Fast jeder dritte Fernverkehrsreisende bei der Bahn hat 2022 sein Ziel mit mindestens 15 Minuten Verspätung erreicht. Lediglich 70,6 Prozent der Fahrgäste kamen mit weniger Verspätung an ihrem Zielort an, wie aus einer Antwort des Bundesverkehrsministeriums an ein Abgeordnetenbüro hervorgeht. Die “Reisendenpünktlichkeit” hat sich demnach von 2021 zu 2022 um zehn Prozentpunkte verschlechtert. 2017 kamen noch gut 86 Prozent der Fahrgäste mit weniger als 15 Minuten Verspätung an ihrem Ziel an. Hintergrund sind aus Sicht der Kritiker die seit Jahrzehnten ausgebliebenen Investitionen in die Schieneninfrastruktur.
Zur Umsetzung der Sanierungsprojekte ist geplant, unter dem Dach des DB-Konzerns eine neue, am Gemeinwohl orientierte Infrastrukturgesellschaft mit dem Namen “InfraGo” zu gründen. In ihr sollen zum Jahreswechsel die Teilgesellschaften DB Netz und DB Station und Service aufgehen. Sinn der Konstruktion ist es, dass die bereitgestellten Bundesmittel ausschließlich in die Infrastruktur fließen und nicht in den Fahrbetrieb. Kritiker hatten gefordert, das Netz ganz aus dem Bahn-Konzern zu lösen.