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Zocken, bis der Arzt kommt

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Für die einen Hochleistungssport, für die anderen sinnbefreites Daddeln mit Suchtgefahr: E-Sport spaltet die Gemüter. Umso eindrucksvoller, wie es dem Münchner “Tatort” gelingt, die Welt der Gamer zu erkunden. Ein Verdienst auch von Phi-Long Pham und Munich eSports.

Wurde in grauer Vorzeit im “Tatort” mal das Thema Zocken angerissen, dann sah man höchstens mal Schimmi vor dem Daddelautomaten oder am Flippergerät. Anno 2023 gehen die Uhren anders. Das mussten diesmal auch zwei reifere Jahrgänge wie Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Batic (Miroslav Nemec) feststellen. Online-Shooting war angesagt, E-Sports. “Game Over”, der 93. gemeinsame Fall der Münchner Dauerbrenner, tauchte einigermaßen tief in die Welt der großangelegten Computerspiele ein, einen Kosmos, in dem sich mit Vorliebe auf den Schlachtfeldern und in den Kampfräumen von “Dota 2”, “League of Legends” und “Counter-Strike”, “Overwatch” und “Call of Duty” ausgetobt wird.

Nun mag das mit dem Eintauchen in fremde Galaxien ja so eine Sache für sich sein, einiges hätte bei der dramaturgischen Umsetzung danebengehen können. Schimanski am Flipper, dazu benötigte man Schimmi – und einen Flipper. Was E-Sports angeht, sind die Dinge etwas komplexer. Dass “Game Over”, nach einem Drehbuch von Stefan Holtz und Florian Iwersen, Regie Lancelot von Naso, jedoch nicht in “Tilt”-Nähe geriet, sondern treffsicher durchlief, war kein Zufall. Das Produktionsteam hatte sich im Vorwege ausreichend Expertise beim Munich eSports e.V. geholt.

Phi-Long Pham, deren Erster Vorstandsvorsitzender, über seine Aufgabe: “Ich agierte persönlich als die Kommunikationsstelle zwischen Munich eSports e.V. und der Filmcrew von ‘Game Over’. Wir haben in Zusammenarbeit die Spielaufnahmen von Counter-Strike geliefert, durften einige Komparsen und mehrere Schauspieler mit Sprechrollen stellen und durften sogar unseren Verein Munich eSports e.V. mit unseren echten Jerseys mit Spielernamen vorführen. Generell haben wir auch immer Fragen zum Thema E-Sport mit unserer Expertise beantwortet”.

“Das ist doch kein Sport”

Ein Austausch, der sich gelohnt hat, jedoch nicht allein das Gerüst dieses Falles bildete, vielmehr wurde das Thema Gaming noch wohldosiert angereichert mit Nebenschauplätzen wie Bitcoins, Polizeigewalt, Spielsucht – und Manipulation. Auch das ein durchaus realistischer Aspekt.

“Wie im traditionellen Sport ist das Thema Cheating auch im E-Sport sehr groß. Man kann sich unterschiedlich einen Vorteil verschaffen”, erzählt Phi-Long Pham. “Bei First-Person-Shootern wie Counter-Strike gibt es ‘Aimbots’ und ‘Wallhacks’, also dass man automatisch zielt und schießt oder die Gegner durch die Wand sehen kann. Bei anderen Spielen wie League of Legends kann man Skripte ausführen, die für dich dann automatisch spielen. Oder man nutzt Fehler im Spielcode aus, die sogenannten ‘Glitches’ oder ‘Bugs’.”

Der Grund für die kriminelle Fantasie? Natürlich das liebe Geld. Wie in anderen Sportarten auch, gibt es im E-Sport mittlerweile riesige Summen an Preisgeldern zu verdienen. Die “Dota 2”-WM 2022 in Singapur war mit stolzen 19 Millionen Dollar dotiert, bei der “Counter-Strike”-IEM in Kattowitz gab es im Februar immerhin noch eine Million Dollar zu verdienen, bei einer Siegprämie von 400.000 Dollar.

“Das ist doch kein Sport. Die sitzen die ganze Zeit nur rum”, so entfährt es Ivo Batic an einer Stelle des Films. Eine Sichtweise, der man durchaus folgen könnte. Aber eben auch dem Gegenteil davon. Umso respektabler, dass “Game Over” beiden Seiten ausreichend Raum ließ und darüber hinaus einen robusten, spannenden Fall erzählte. Das war GG*, um es mal im entsprechenden Jargon auszudrücken.

*GG = Good Game

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