Eigentlich soll der neue “Tatort” aus Wien den Namen eines legendären österreichischen Bundeskanzlers tragen. Dann überfällt Russland die Ukraine – und die allgemeine Hoffnungslosigkeit schlägt auch auf den Titel durch.
Bruno Kreisky. Für viele Österreicher, vor allem die sozialdemokratisch geprägten, steht der Name wie kein anderer für bessere Zeiten. Ab 1970 schüttelte Kreisky als österreichischer Bundeskanzler mit seiner Politik den Mief der Nachkriegsjahre ab: Die Öffnung des Bildungssystems, Chancengleichheit, das Recht auf Abtreibung und Homosexualität sowie eine sozialgerechte Umverteilung haben die Österreicher ähnlich nachhaltig beeindruckt wie der Fakt, dass Kreiskys Privatnummer im öffentlichen Telefonbuch stand.
Sein Name steht für bessere Zeiten: Bruno Kreisky.
(Foto: picture alliance)
Zwar beschäftigte der 1990 verstorbene Altkanzler auch ehemalige Nationalsozialisten in seiner Regierung, unterstellte Nazi-Jäger Simon Wiesenthal “Mafiamethoden” und trat – trotz eigener jüdischer Wurzeln – immer wieder antisemitisch auf. Trotzdem ist und bleibt Kreisky für viele Österreicher ob der zu Filz und Skandalen neigenden Politik des Landes schlicht eines: legendär. Da macht es dann auch Sinn, einen Wiener “Tatort” zum Thema Profitgier, der Entmenschlichung des Arbeitsmarkts und allgemeiner sozialer Verwerfungen “Kreisky ist tot” zu nennen.
“Es wird auch wieder besser”
So lautete jedenfalls der Arbeitstitel des zu Corona-Zeiten erdachten Films. Vor dem Hintergrund der aktuellen Krise(n) behandelt das Drehbuch neben den Auswüchsen des Turbokapitalismus auch Verlorenheiten anderer Art: Vergänglichkeit im Allgemeinen, Demenz im Speziellen. Als Ausgangslage eh schon düster genug. Dann überfiel kurz vor Drehbeginn am 14. März 2022 Russland die Ukraine – und aus “Kreisky ist tot” wurde “Was ist das für eine Welt”.
Man kann diesen etwas verwirrenden “Tatort” auf viele verschiedene Weisen lesen, wenn man die Muße dazu hat. Der Wechsel des Titels passt auf jeden Fall zum selbstgestellten Anspruch der Krimiserie, immer auch ein Spiegel der gesellschaftlichen Stimmung und der Seele der Menschen zu sein. Titelgeber des Films ist passend dazu ein IT-Spezialist, der an seinen eigenen Ambitionen erstickt: “Was ist das für eine Welt, in der jemand wie ich in einen Mord hineingedrängt wird?”, fragt der Mann furchtbar larmoyant.
Dass es auch anders geht, erklärt Adele Neuhauser, die im Film Kommissarin Fellner spielt, im Interview: “Wie so viele Menschen mache ich mir große Sorgen, was für eine Welt wir unseren kleinen Erdenbürgern hinterlassen. Doch ich will nicht vor lauter Sorge um deren Zukunft die Hoffnung verlieren. Denn nur wenn wir die Hoffnung und das Vertrauen in die Vernunft hochhalten, geben wir der jüngeren Generation eine starke Basis, um schwierige Zeiten überstehen zu können. Es wird auch wieder besser.”