Während Zoe mit Dating-Apps ihr Glück versucht, legt ihr Kindheitsfreund Kaz seines in die Hände seiner Eltern. Der Sohn pakistanischer Einwanderer möchte eine arrangierte Ehe eingehen. Frei von Vorurteilen kann “What’s Love Got to Do With It?” die Geschichte jedoch nicht erzählen.
Als die Songwriter Graham Lyle und Terry Britten “What’s Love Got to Do With It” schrieben, hätten sie sicherlich nicht gedacht, dass bis zu seiner Veröffentlich viele Jahre vergehen würden. Nachdem es zunächst vom englischen Sänger Cliff Richard ausgeschlagen wurde, riss sich die US-Künstlerin Phyllis Hyman darum – vergeblich. Später wurde das Lied Donna Summer angeboten, die es aber jahrelang nicht aufnahm, und es durchlief noch ein paar weitere Stationen, bis es schließlich bei Tina Turner landete. Und siehe da: 1984 war die Sängerin mit 44 Jahren die älteste weibliche Künstlerin, die mit dem Lied in den Hot 100 der US-Charts landete.
Viele Jahre diente das Stück als Soundtrack zum Film “Tina – What’s Love Got to Do With It?” und auch im Jahr 2023 ist es erneut titelgebend für einen Film. Mit der Ausnahmekünstlerin hat dieser jedoch nur sinnbildlich etwas zu tun. Zeigt er doch nur, dass es manchmal sehr viele Anläufe braucht, bis man die richtige Person gefunden hat.
Stattdessen steht Zoe (Lily James) im Mittelpunkt, eine schlagfertige und witzige Dokumentarfilmerin, die in ihrem Beruf zwar selbstsicher auftritt, in ihrem Liebesleben jedoch immer wieder an die Falschen gerät. Ginge es nach ihrer Mutter Cath (Emma Thompson), wäre Zoe schon längst verheiratet und hätte Kinder. Denn seit ihr Mann sie für eine 35-Jährige (oder wie Cath sie nennt: eine “Teenager-Hure”) verlassen hat, konzentriert sie sich umso mehr auf das Privatleben ihrer Tochter und scheut dabei keine übergriffigen Sprüche oder Versuche, um diese mit allen möglichen Männern zu verkuppeln. Doch zwischen betrunkenen One-Night-Stands und Dating-Apps wünscht sich Zoe nur einen Partner, mit dem sie eine Serie von vorne bis hinten durchgucken kann. Und so lange sich dieser nicht finden lässt, gibt sie sich damit zufrieden, auf die beiden Töchtern ihrer besten Freundin aufzupassen und ihnen feministische Versionen vom Aschenputtel, dem Froschkönig und anderen Märchen zu erzählen.
Einblicke in pakistanische Kultur
Um genau so eine frustrierende Suche nach der Richtigen zu umgehen, hat Zoes Kindheitsfreund und Nachbar Kaz (Shazad Latif) seine Eltern Aisha und Zahid Khan (Shabana Azmi und Jeff Mirza) gebeten, ihn an eine passende Frau zu vermitteln. Viele Ansprüche hat der Kardiologe dabei nicht: Es sollte nur eine Frau sein, “die britisch genug für mich und pakistanisch genug für meine Familie” ist. Obwohl Zoe Kaz’ Vorhaben kritisch gegenübersteht, begleitet sie seine Reise mit ihrer Kamera für eine progressive Doku, die mit Vorurteilen über arrangierte Ehen aufräumen soll.
Diese Reise führt sie nicht nur ins pakistanische Lahore, wo Kaz die junge Maymouna (Sajal Ali) heiraten soll, sondern auch zu der Erkenntnis, dass es durchaus Parallelen zwischen unpersönlicher Partnersuche via Dating-Apps und vermittelten Hochzeiten gibt. Zoe beginnt zu hinterfragen, ob man nicht doch etwas von einem Gesellschaftssystem lernen kann, das einem erlaubt, einen gleichgesinnten Menschen kennenzulernen, der von den Leuten ausgewählt wurde, die einen vermeintlich am besten kennen.
In den Film von Jemima Khan und Shekhar Kapur flossen auch eigene Erfahrungen ein.
(Foto: IMAGO/Italy Photo Press)
Entgegen möglicher Befürchtungen, dass für ein paar zusätzliche Lacher plattes Ausländer-Bashing oder übertriebener Culture-Clash à la “My Big Fat Greek Wedding” betrieben wird, ist “What’s Love Got to Do With It?” auf den ersten Blick eine durchaus inklusive Komödie, die ein paar schöne Einblicke in die pakistanische Kultur gewährt. Vermutlich auch, weil es sich mit Shekhar Kapur (“Elizabeth – Das goldene Königreich”) um einen pakistanischen Regisseur handelt und das Drehbuch von Jemima Khan – der britischen Ex-Frau des früheren pakistanischen Premierministers Imran Khan – stammt, in das auch eigene Erfahrungen einflossen.
Ein schwerwiegender Fehler in der Genre-Logik
Trotzdem schaffen es auch die beiden nicht, die Geschichte völlig frei von Vorurteilen zu erzählen. In den wenigen dramatischen Szenen – schließlich darf der unbeschwerte Charakter einer RomCom nicht verloren gehen – richtet sich die Kritik allein an die “andere”, nicht-weiße Familie, in der Verwandte verstoßen werden oder Bräute sich nicht trauen, die Wahrheit kundzutun.
Positiv hervorzuheben sei an dieser Stelle die Chemie zwischen den Haupt- und vielen Nebenfiguren, die allesamt miteinander harmonieren. Auch James und Latif kauft man die lebenslange Freundschaft auf Anhieb ab – sogar fast schon zu sehr. Denn natürlich stellt man sich ab ihrer ersten gemeinsamen Szene im Baumhaus, wo sie als Teenager ihren ersten Kuss miteinander teilten, die ganze Zeit die Frage, ob die beiden am Ende noch zueinander finden oder nicht.
In dieser Freundschaft liegt aber auch der größte logische Fehler des Films: Einerseits haben es Khan und Kapur geschafft, die altbekannten Message in “What’s Love Got to Do With It?” zu modernisieren, dass es unzählige Mittel und Wege gibt, um Liebe zu finden. Sie unternehmen auch einige Anstrengungen, um auf die Vorzüge der arrangierten und Mängel der romantischen Ehe hinzuweisen. Der Aufbau der RomCom verlangt jedoch ein völlig anderes Ende – arbeitet sie doch ab der Hälfte auf eine Romanze zwischen den beiden Hauptprotagonisten hin. Khan und Kapur gelingt es nicht, das Potenzial ihres Werks auszuschöpfen. Übrig bleibt eine seichte Komödie, die sich kaum von ihren Mitstreitern abgrenzen kann.