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“Under the Waves” versetzt in den Rausch der Tiefe

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Das Meer übt eine große Faszination auf Menschen aus, kann aber auch ängstigen. Das Videospiel “Under the Waves” setzt beide Aspekte im packenden Abenteuer des Tauchers Stan gekonnt um. Dem Titel von Quantic Dreams gelingt am Ende das, wovon eigentlich jeder Entwickler träumt.

Wie tief kann man in ein Videospiel abtauchen? Im Fall vom Unterwasser-Abenteuer “Under the Waves” darf man das sogar wortwörtlich nehmen. Nur selten gibt es Videospiele, die in ihrer Komposition aus Geschichte, Bildern und Musik den Spieler so tief in ihren Bann ziehen können. Den Entwicklern von Quantic Dreams gelingt das. Dabei regen sie gleichzeitig zum Nachdenken über große Probleme der realen Welt an.

Alles dreht sich um den Taucher Stan, der den Tod seiner Tochter Pearl nicht verarbeiten kann. Er sucht die Isolation und geht für weltweit größte Offshore-Ölbohrfirma UniTrench auf eine Unterseestation in der Nordsee und führt dort Wartungsarbeiten durch. Die Aufträge kommen vom Missionsleiter Tim täglich über Funk. Stan wird jede Nacht von Albträumen geplagt, die sich für den bärtigen Taucher jedoch äußerst real anfühlen. Während einer Bergungsmission von Frachtcontainern kommt es zu mysteriösen Ereignissen, die Stan dazu bringen, seine eigene Realität infrage zu stellen.

Vor der Nordseeküste

Die Unterwasserwelt, in der man sich in “Under the Waves” bewegt, wird von den Entwicklern als retro-futuristisch beschrieben. Das trifft es auch ganz gut: Während unter anderem das Ein-Mann-U-Boot und die Computerausstattung der Tauchstation in die Zeitlinie von 1979 passen, sind die Bohrkonstruktionen in ihrer Monstrosität eher Zukunftsmusik. Was die Tier- und Pflanzenwelt angeht, hält sich das Spiel an derzeitige Bestände von Buckelwalen, Kegelrobben oder Schwärme von Heringen, gespickt mit Orcas und gelegentlichen Blauwal-Sichtungen. Und obwohl es ziemlich viele Schiffs- und Flugzeugwracks gibt, die man erkunden kann, ist diese Variation der Nordsee in sich sehr stimmig.

Tiefseeriesen – in “Under the Waves” sind aber alle friedlich.

(Foto: Quantic Dreams)

Das liegt mitunter auch an der musikalischen Untermalung. Immer wieder wird der Wechsel zwischen Ent- und Anspannung in den unterschiedlichen Storyteilen audiovisuell perfekt in Szene gesetzt. In den Weiten des Meers hören wir Walgesänge, in unterirdischen Anlagen knarzt das Metall. Eine derart gelungene Komposition von Bild und Ton gibt es in Videospielen nur selten.

Weil der Fokus voll auf der emotionalen Geschichte liegt, stehen die Gameplay-Mechaniken in “Under the Waves” hinten an. Die Fortbewegung mit Schwimmflossen oder mit dem Mini-U-Boot benötigen eine kurze Eingewöhnungszeit, laufen aber sehr flüssig. Verschlossene Luken öffnen sich mit einer kreisenden Bewegung des Sticks, das Sammeln von Ressourcen, die vorwiegend aus Schrott und Plastikmüll bestehen, ist mit einem Klick erledigt. Auch das Aufstemmen von Türen ist durch das schnelle Antippen einer Taste erledigt. Wer auf ein Crafting-Abenteuer wie in “Subnautica” hofft, muss sich mit den Basics begnügen. Eine Werkbank gibt es in der Unterseestation, hier lassen sich aber nur Gegenstände herstellen, die man im Verlauf der Hauptgeschichte ohnehin findet. U-Boot und Tauchanzug lassen sich allerdings mit nützlichen Upgrades versehen, sofern man die Konstruktionspläne unter Wasser aufspüren können.

Mit Lagerfeuerklampfe und Boxsack

Im Mini-U-Boot geht's auf Erkundungstour in der Nordsee.

Im Mini-U-Boot geht’s auf Erkundungstour in der Nordsee.

(Foto: Quantic Dreams)

Abseits von Stans Nachforschungen zu den der mysteriösen Erscheinungen, kann man kleineren Sammel- und Reparaturmissionen nachgehen. Es gibt mehrere Quests zum Foto-Modus, die dazu einladen, die Fauna der Nordsee einmal aus der Nähe zu betrachten. Durch das Erkunden des Meeresgrunds kann man zusätzlich kleine Mini-Games freischalten. So findet man in einer abgestürzten Cessna eine Gitarre, die Stan fortan in seiner Basis spielen kann. Greift man per Tastendruck zum richtigen Zeitpunkt in die Saiten, sammelt man Punkte. Ähnlich sieht es am Boxsack aus, den man finden kann. Diese Nebenbeschäftigungen fallen aber eher unter die Kategorie kurzweilige Ablenkung, denn den Storyverlauf beeinflussen sie nicht.

“Under the Waves” ist absolut gewaltfrei, aber trotzdem keine leichte Kost. Je weiter die Geschichte fortschreitet, desto mehr erfährt man von Stans trauriger Vergangenheit. Die Isolation in der Tiefe des Meeres ist spürbar, schließlich gibt es keinen direkten menschlichen Kontakt abgesehen von den Gesprächen mit Tim und Frau Emma über Funk. Stan fängt schließlich an, mit seinem U-Boot oder der Robbe “Joe” zu sprechen. So rätselt man im Spiel oft, ob Stan den Verstand verliert oder sich tatsächlich übernatürlich Dinge in der Nordsee abspielen. Hervorragend synchronisierte Dialoge unterstützen dieses psychologische Hin und Her – man leidet förmlich mit der Hauptfigur.

Diese enorme Immersion ist das Ziel vieler Videospielentwickler, Quantic Dream gelingt das, obwohl “Under the Waves” den Spieler oft mit einem mulmigen Gefühl zurücklässt – und zum Nachdenken anregt. Rund zehn Stunden Spielzeit nimmt die Hauptstory ein, Umweltverschmutzung, Trauerbewältigung und Eskapismus sind immer präsent. Eigentlich lässt sich so ein Themenkomplex nur schwer in einem Spiel verarbeiten, dank Hauptfigur Stan, der packenden Geschichte und atemberaubenden Unterwasserwelt geht die Mischung auf. Die Entwickler haben hier eine echte Perle der Videospielwelt geschaffen.

“Under the Waves” ist ab sofort für Playstation, Xbox und PC erhältlich.

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