Was müssen erfahrene Gamescom-Besucher immer dabei haben? Wasser, Snacks und Sitzgelegenheiten – denn auf der Messe muss man bei vielen Ausstellern lange Wartezeiten in Kauf nehmen. Doch es geht auch anders.
Wer auf der Gamescom neue Spiele austesten und anzocken will, braucht Geduld. Die Wartezeiten bei beliebten Titeln können im Stundenbereich liegen. Herumstehen und Nichtstun – bei einem Event mit Tausenden Spielen und Möglichkeiten die unangenehmste Erfahrung. Anders läuft es in der Indie Arena in Halle 10, sozusagen dem kleinen gallischen Dorf der Messe. Die Wartezeiten sind hier deutlich geringer, der Spielspaß umso größer, wenn man gleiche mehrere Games hintereinander ausprobieren kann.
Über die Indie Arena Booth suchen viele Spieleentwickler noch einen großen Publisher, präsentieren ihre Titel aber auch dem Publikum. Aufwendig gestaltete Stände oder große Budgets gibt es hier nicht, dafür aber kreative Ideen und Spielansätze – der Zaubertrank der Spieleentwickler. ntv.de hat sich einige der über 130 Indie-Games angeschaut, hier eine kleine Auswahl der Besten, die unter dem Radar fliegen.
“Pioneers of Pagonia”
Das Aufbauspiel “Die Siedler” ist vielen Menschen bekannt. Die Neuauflage von Ubisoft im letzten Jahr war eher mau – nicht komplex genug und keine mitreißende Story. Wie gut, dass mit Volker Wertich der Schöpfer der Reihe inzwischen an einer eigenen Version feilt, die man auf der Gamescom anspielen kann.
Die Spannung entsteht bei “Pioneers of Pagonia” durch die Entscheidung, auf welche Güter und deren Verkettungen man einen Fokus legt. Es wuseln Dutzende kleine Handwerker, Lieferanten und Soldaten durchs Bild – wie in den alten Siedler-Zeiten. Das Ingelheimer Entwicklerstudio Envision Entertainment will im Oktober dann eine Demoversion nachliefern.
“REKA”
Ebenfalls aus Deutschland kommt das Fantasy-Spiel “REKA”, das ein gleichnamiges junges Mädchen auf ihrer Ausbildung zur Hexe begleitet. Die Berliner Entwickler haben sich dabei von der slawischen Mythologie inspirieren lassen, die Oberhexe Baba Yaga und ihr auf Hühnerbeinen durch die Wälder stapfendes Haus sind ein zentraler Teil des Spiels. Neben der Ausbildung gilt es, das Haus von Baba Yaga einzurichten – Einrichtungsgegenstände und Erinnerungsstücke an Missionen lassen sich im Verlauf des Abenteuers freispielen.
So entsteht ein individueller zentraler Anlaufpunkt im Spiel. Wie die Entwickler von Emberstorm Entertainment im Gespräch mit ntv.de erzählten, kam ein Teil der Inspiration für die grafische Aufbereitung aus den Brandenburger Wäldern. Und vor allem die Optik von “REKA” sticht sofort ins Auge, die comichafte Darstellung im Aquarell-Look wurde nicht ohne Grund bei den Gamescom-Awards im Bereich “Best Visuals” nominiert.
“The Darkest Files”
Wie der Name schon sagt, befasst sich “The Darkest Files” mit den düsteren Aspekten des Lebens. Das Setting ist auf die 50er-Jahre ausgerichtet, die Spieler müssen Nazi-Verbrecher überführen, deren Taten teilweise auf wahren Begebenheiten beruhen. Als junge Anwältin Esther Katz gilt es zu ermitteln, Zeugen und Tatverdächtige zu verhören, den Fall zu rekonstruieren und die Verbrecher am Ende hinter Gitter zu bringen. Keine leichte Kost, aber eine wichtige – und eine Umsetzung, die dem Thema gerecht wird und trotz der Thematik Spielspaß erlaubt. Wer Spiele wie “Papers, Please” mochte, wird das Spiel vom Berliner Studio Paintbucket Games ebenfalls mögen.
“Lightyear Frontier”
Weniger angespannt geht es im Farming-Game “Lightyear Frontier” zu. In einer Open-World kann man mit bis zu drei Freunden auf einem weit entfernten Planeten Alien-Pflanzen züchten, seine eigene Farm aufbauen und die Wildnis erkunden. Dabei nutzt man einen übergroßen Roboteranzug, für die groben Angelegenheiten, für die feinen Abbauarbeiten muss der Handbohrer her. Das niederländische Entwicklerstudio Frame Break bietet einen besonderen Spaß für Bastler, Tüftler und Gartenbauer. Auch grafisch kann das Spiel mit größeren Produktionen mithalten.
“Moonlight Peaks”
Die Fanbase von “Moonlight Peaks” ist bereits groß, das Spiel der Entwickler Little Chicken dürfte viele von der Grafik an “Harvest Moon” erinnern. In dieser Life-Simulation dreht sich alles um die schwierigen Familienbande unter Graf Dracula.
So bekommt die Welt der Vampire eine zuckersüß designte Welt, in der so ziemlich alles möglich ist. Das reicht vom Brauen von Tränken bis hin zum Anbauen von magischen Pflanzen. Dabei lassen sich mit den anderen Kreaturen der Nacht Freundschaften schließen. Ein Spiel mit Suchtpotenzial.
Das sind aber nur einige der vielen fantastischen Indie-Spiele auf der Gamescom. Die Städtebau-Simulation “Wandering Village” lässt ganze Metropolen auf dem Rücken einer riesigen wandernden Kreatur entstehen, dabei haben Bewegung und Verhalten des Monsters Einfluss auf die eigene Stadt. Und wird das Wesen mal krank, muss man sich auch um dessen Wohlbefinden kümmern. Andere Spiele sind von einem besonderen Witz geprägt, wenn in “Quantum P.I.” ein depressiver Katzenmensch als Privatdetektiv im Noir-Look versucht. Die Zusammensetzung ist ähnlich vielfältig wie in so manch bekanntem gallischem Dorf.