Handballmeister THW Kiel zeigt nach seiner Champions-League-Blamage und der Schelte durch Hendrik Pekeler eine ganz starke Reaktion. Der so schwach wie zuletzt vor 21 Jahren gestartete Rekordchampion ringt die zuvor unbesiegten Füchse Berlin mit 30:26 nieder.
Rastlos tigerte Filip Jicha in den letzten Sekunden an seiner Trainerbank hin und her. Dann entlud sich die Spannung und die Erlösung wurde nahezu greifbar. Mit 30:26 (14:10) gewannen die Handballer des THW Kiel das Spitzenspiel gegen die Füchse Berlin, tanzten voller Freude über das Feld. Mit jetzt 16:10 Punkten wahrte der Rekordmeister und Titelverteidiger seine wohl letzte Chance, noch in den Titelkampf einzugreifen. Für den Hauptstadtklub war es die dagegen erste Niederlage in der Liga. “Wir haben diese Saison schon mehrere Rückschläge einstecken müssen”, sagte der 41 Jahre alte Tscheche nach dem Spiel und ergänzte: “Wir haben heute gesehen, was in der Mannschaft steckt und was in gewissen Spielern steckt.”
Überragender Spieler der Norddeutschen war Kapitän Domagoj Duvnjak. Der Kroate erzielte vor den 10 285 Zuschauern in der ausverkauften Kieler Arena nicht nur neun Treffer im Angriff, sondern war auch in der Abwehr der alles bestimmende und entscheidende Mann. “Wir waren von der ersten Sekunde da”, freute sich der 35-Jährige über eine starke Leistung der gesamten Mannschaft. Trainer Jicha sagte über Duvnjak: “Er ist ein Mann, den wir unglaublich brauchen. Nicht nur auf dem Spielfeld, sondern außerhalb. Er strahlt die THW-DNA aus.”
Jicha hatte in der Startformation auf Elias Ellefsen á Skipagötu und Nikola Bilyk verzichtet. Dafür spielten Kapitän Duvnjak und Eric Johansson von Beginn an. Der Mannschaft war von Beginn an anzumerken, dass sie die Schmach der 18:27-Pleite in der Champions League gegen Aalborg tilgen wollte. Allerdings hatten die Gastgeber in der Anfangsphase große Probleme mit dem Berliner Torhüter Dejan Milosavljev, der mehrfach herausragend parierte. Da sich die Füchse in ihren Offensivaktionen aber viele Fehler leisteten, blieb die Partie zunächst offen.
“Man sieht heute, dass wir ein anderes Gesicht zeigen”
Vor den Augen von Bundestrainer Alfred Gíslason, der elf Jahre in Kiel tätig war, kippte die Partie gegen Ende der ersten Hälfte zugunsten des THW. Linksaußen Magnus Landin sorgte mit dem 13:9 in der 28. Minute für die erste Vier-Tore-Führung. “Man sieht heute, dass wir ein anderes Gesicht zeigen. Wir ackern in der Abwehr und vorne haben wir gute Lösungen”, sagte THW-Kreisläufer Patrick Wiencek zur Pause. Das war unter der Woche noch anders gewesen. Führungsspieler Hendrik Pekeler übte nach der CL-Blamage harte Kollegenschelte: “In der Abwehr stehen wir gut, machen gut unseren Job. Vorne haben wir halt keine Männer – Kinder haben wir da.”
Angeführt vom Dänen Mathias Gidsel, der ebenfalls neun Treffer erzielte, kamen die Berliner wieder heran, hatten beim 19:20 (42.) den Anschluss geschafft. Beim 21:20 (46.) hatte Kiels Keeper Samir Bellahcene seinen großen Auftritt. Der 28-jährige Franzose hielt den Tempogegenstoß von Matthes Langhoff und brachte die Halle zum Kochen. Mit seinem Treffer zum 27:22 (55.) in das leere Füchse-Tor stellte Niclas Ekberg aber die Weichen zum Kieler Sieg. Lob für den THW gab es auch vom Berliner Sportvorstand Stefan Kretzschmar: “Wir haben zu wenig Lösungen gegen eine gute Kieler Abwehr gefunden”, sagte der ehemalige deutsche Nationalspieler.