Luis Rubiales bleibt vehement: Der Kuss, den er Weltmeisterin Jennifer Hermoso bei der WM-Siegerehrung aufdrückte, sei einvernehmlich geschehen. Wie wenig sie angefasst davon war, will er nun mit einem Video-Zusammenschnitt untermauern. Diesen schickt er an die FIFA, die ihn suspendiert hat.
Im Kuss-Skandal um den inzwischen suspendierten spanischen Fußball-Verbandsboss Luis Rubiales hat der Beschuldigte nach einem Medienbericht dem Weltverband FIFA zu seiner Entlastung ein Video zukommen lassen. Mit den zusammengeschnittenen Aufnahmen wolle Rubiales beweisen, dass sich die von ihm bei der Siegerehrung nach dem gewonnenen WM-Finale in Sydney am 20. August auf den Mund geküsste Spielerin Jennifer Hermoso widerspreche und nicht die Wahrheit sage, schreibt die Digitalzeitung “El Español”. Das Video wurde auch von anderen Medien in Spanien veröffentlicht.
Die laut “El Español” im Teambus der Spanierinnen gemachten Aufnahmen zeigen, wie einige Spielerinnen sich in einer entspannten Atmosphäre über den Vorfall lustig machen. Auch Hermoso ist zu sehen. Sie hält ihr Smartphone in der Hand, auf dem Rubiales’ Kussattacke auf sie mit dem Kuss von Spaniens Weltmeister-Torhüter nach dem Titel 2010 für seine damalige Partnerin, die TV-Journalistin Sara Carbonero verglichen wird. Sie sagt zu Kolleginnen: “Er war bewegt und so. Er kommt und fasst mich so an.” In einer anderen Szene rufen mehrere Spielerinnen unter anderem “Kuss, Kuss, Kuss, Kuss, Kuss”. Als Rubiales an ihnen vorbeigeht, skandieren einige “Presi, Presi, Presi”.
Vor den Szenen im Bus hatte Rubiales in der Kabine verkündet, alle Spielerinnen nach Ibiza einladen zu wollen. Er sagte dazu Bezug nehmend auf den Kuss: “Auf Ibiza feiern wir dann die Hochzeit von Jenni und Luis Rubiales.”
“Situation hat mich schockiert”
Dass der Kuss in beiderseitigem Einvernehmen erfolgte, so wie Rubiales es weiterhin beteuert, belegen die Video-Sequenzen nicht. Rubiales hatte bei der Siegerehrung Hermosos Kopf in beide Hände genommen und sie dann auf den Mund geküsst. Hermoso hatte direkt nach dem Vorfall in der Umkleidekabine erklärt, das habe ihr nicht gefallen. Nach einem ihrer Aussage nach gefälschten Statement des Verbands, in dem Hermoso beschwichtigende Worte in den Mund gelegt worden waren, hatte sie sich dagegen zur Wehr gesetzt. Sie erklärte, sie habe sich “als Opfer einer impulsiven, sexistischen und unangebrachten Handlung gefühlt, der ich nicht zugestimmt habe”.
Sie sagte zudem in dem Statement etwas über ihre verhaltene Reaktion in dem betreffenden Moment: “Die Situation hat mich schockiert, weil es sich um eine Feier handelte. Ich bin der Meinung, dass niemand Opfer dieser Art von nicht-einvernehmlichem Verhalten sein sollte. Ich fühlte mich verletzlich und als Opfer einer impulsiven, machohaften Aggression. Ich wurde nicht respektiert.”
Als Reaktion traten einige Tage später insgesamt 81 Nationalspielerinnen in den Boykott, solange Rubiales im Amt ist. Im Anschluss trat auch fast das gesamte Trainerteam – bis auf Cheftrainer Jorge Vilda – zurück.
Weiteres Video widerlegt Rubiales’ Aussagen
Vor dem neuen Video aus dem Bus hatte der Verband bereits versucht, mit vier Bildern zu beweisen, dass Hermoso Rubiales hochgehoben und dem Kuss so zugestimmt habe. Die “Marca” veröffentlichte nun allerdings ein Video der Szene, das zeigt, dass Rubiales die Spielerin ansprang. Damit sind die Aussagen des 46-Jährigen widerlegt.
Am Montagabend hatten die Regionalpräsidenten der RFEF Rubiales eindringlich zum Rücktritt aufgefordert. Auch Sportminister Miquel Iceta will von Regierungsseite einen Antrag zur Suspendierung stellen. Rubiales verweigert allerdings einen Rücktritt nach wie vor. Seine Mutter, Angeles Bejar, ist wegen der angeblich “unmenschlichen und blutigen Jagd” auf ihren Sohn in einen Hungerstreik getreten.
Der Sportgerichtshof TAD will zunächst noch weitere Unterlagen prüfen, die Regierung schickte am Dienstag weitere Dokumente. Die spanische Staatsanwaltschaft hatte am Montag gegen Rubiales eine Voruntersuchung wegen des Verdachts auf “sexuelle Nötigung” eingeleitet. Bereits am Wochenende war Rubiales vom Weltverband FIFA für 90 Tage vorläufig gesperrt worden, dazu kam ein Kontaktverbot zu Hermoso.