Nach dem späten Unentschieden gegen Bayer Leverkusen ist Thomas Müller mit zwei Entscheidungen des Schiedsrichters nicht einverstanden. Vor beiden Gegentoren pfeift Daniel Schlager ein Foul gegen den FC Bayern. Der Münchner Angreifer macht seiner Verwunderung im Interview Luft.
Thomas Müller hatte Redebedarf. Und Fragen. “Wie habt ihr die Szenen denn gesehen vor dem 1:1 und vor dem 2:2?”, bat er DAZN-Moderator Alex Schlüter und den Experten Michael Ballack um Auskunft. Das Topspiel zwischen Müllers FC Bayern und Tabellenführer Bayer Leverkusen war gerade erst mit 2:2 (1:1) zu Ende gegangen – und beide Tore der Werkself infolge eines Foulpfiffs gegen die Münchner gefallen. Die Stoßrichtung war klar, Müller haderte mit den jeweiligen Einschätzungen von Schiedsrichter Daniel Schlager: “Habt ihr auch so einen vermeintlichen Schiri-Experten bei euch?”
Dabei war die Situation vor dem traumhaft verwandelten Freistoß von Alejandro Grimaldo in der 24. Minute recht eindeutig: Müller und Grimaldo hatten sich nach einem Ball in der Luft gestreckt, der Leverkusener ihn zuerst erreicht und der Münchner von unten gegen dessen Fuß getreten. “Ist das Foul von mir oder Foul von ihm?”, fragte Müller vorwurfsvoll.
München: Ulreich – Laimer (85. de Ligt), Upamecano, Kim, Davies – Goretzka, Kimmich (61. Mazraoui) – Sané, Müller (61. Musiala), Gnabry (69. Tel) – Kane (85. Choupo-Moting). – Trainer: Tuchel
Leverkusen: Hradecky – Kossounou, Tah, Tapsoba (90. Hlozek) – Frimpong (82. Adli), Andrich (46. Palacios), Xhaka, Grimaldo – Hofmann (90.+6 Hincapie), Wirtz (90.+6 Amiri) – Boniface. – Trainer: Alonso
Schiedsrichter: Daniel Schlager (Hügelsheim)
Tore: 1:0 Kane (7.), 1:1 Grimaldo (24.), 2:1 Goretzka (86.), 2:2 Palacios (90.+4, Foulelfmeter nach Videobeweis)
Zuschauer: 75.000 (ausverkauft)
Gelbe Karten: Tuchel – Hofmann, Wirtz, Tapsoba
Rote Karte: Löw (Co-Trainer FC Bayern)
Ballack antwortete: “Er spielt natürlich den Ball, ihr habt beide den Fuß oben und dadurch, dass er den Ball spielt und du einen Tick zu spät kommst, interpretiert er [der Schiedsrichter; Anm.d.Red.] das als Foul. Das kann man so geben.” So erklärte es kurz darauf auch der Unparteiische selbst. “Für mich spielt der Leverkusener Spieler den Ball”, sagte Schlager, und “Thomas Müller trifft nur den Leverkusener.”
Müller argumentierte im Gespräch mit Schlüter und Ballack dagegen: “Er spielt ihn zwar, aber er spielt aus meiner Sicht mit offener Sohle.” Auf die Nachfrage, was Schlager denn auf dem Feld dazu gesagt habe, berichtete Müller: “Er sagt natürlich, dass das ein ganz klares Foul war.” Die Klublegende des FC Bayern wollte sich eigentlich “auch gar nicht so sehr dran aufhängen”, aber “es waren natürlich zwei interessante Szenen vor zwei Gegentoren”. Um sich dann doch zumindest ein bisschen daran aufzuhängen.
Schiedsrichter Schlager erklärt seine Entscheidungen
Denn es folgte die Diskussion über den Elfmeter, den Exequiel Palacios in der vierten Minute der Nachspielzeit zum 2:2-Ausgleich erzielt hatte. Mit einem Sieg wären die Münchner auf Platz eins der Tabelle gesprungen, so bleiben sie Zweiter, wenn auch punktgleich mit Leverkusen. “Was machen wir da?”, fragte Müller. “Da wurde es noch klarer, Thomas”, antwortete Ballack. Alphonso Davies hatte Jonas Hofmann im Strafraum zu Fall gebracht, Schlager aber erst nach Hinweis des Videoassistenten die Szene noch einmal betrachtet und auf Elfmeter entschieden.
“Schau mal, wie der fällt”, warf Müller Hofmann vor, die Berührung von Davies mindestens provoziert und ausgenutzt zu haben. “Wir spielen schon noch einen Kontaktsport”, so Müller, der damit ausdrücken wollte, dass derartiger Kontakt völlig legitim und innerhalb der Regeln sei. “Aber klar, kannst du pfeifen, du findest Argumente dafür.” Was Schiedsrichter Schlager dann wenige Minuten im nachgelagerten Gespräch am DAZN-Mikrofon auch tat: “Klarer Treffer” von Davies an Unterschenkel und Wade von Hofmann, “das Hinfallen passt zum Treffer” und “deshalb auch ein Strafstoß”. Auch Schlüter und Ballack teilten Müllers Bedenken nicht, die Bilder bestätigten Schlagers Argumentation.
“Ihr merkt schon, ein bissl aufgeregt bin ich”, fasste der ewige Münchner dann noch seinen Gemütszustand zusammen. Den Strafstoß nannte er “sehr soft” und war sicher: “In England wäre der nicht gepfiffen worden.” Ballack allerdings, vier Jahre beim FC Chelsea in der Premier League, ließ dieses Diskussionsangebot vorbeiziehen. Die viel zitierte englische Härte, das vermeintliche Mehr an erlaubtem körperlichem Einsatz, ist immer wieder Thema in solchen Momenten. Dann immerhin lachte Müller, der auch keineswegs wütend wirkte, sondern bloß ein wenig verwundert. Auch darüber, dass seine beiden Gesprächspartner nicht in seine Kritik mit einstimmen wollten.
Mit dem grundsätzlichen Ausgang des Spiels, also der Punkteteilung, hatte Müller ohnehin keine Probleme. Ganz unabhängig von den seiner Meinung nach strittigen Entscheidungen. “2:2 ist vom Ergebnis verdient”, resümierte er, der schon nach 61 Minuten für Jamal Musiala aus dem Spiel genommen worden war. “Wir hätten vor der Halbzeit noch ein Tor machen müssen, hatten aber auch Glück.” Dann verabschiedete er sich mit einem kräftigen Händedruck.