Red Bull dominiert das erste Saisonrennen in der Formel 1 und ernüchtert die Konkurrenz. Besonders groß ist der Frust bei Mercedes. Teamchef Toto Wolff ist maximal ernüchtert, sein Pilot George Russell verteilt sogar schon die Weltmeistertitel.
Toto Wolff hat erst eins der 23 geplanten Rennen dieser Formel-1-Saison hinter sich gebracht – und trotzdem schon genug gesehen. Als “einer der schlimmsten Tage im Rennsport” fasste der Mercedes-Teamchef das Resultat seiner Mannschaft gesehen. Beim Großen Preis von Bahrain überquerte Lewis Hamilton die Ziellinie als Fünfter, George Russell als Siebter. “Wirklich überhaupt nicht gut” sei die Performance der Silbernen gewesen, die nach einem verkorksten Vorjahr eigentlich wieder um Siege und WM-Titel kämpfen wollen. “Es gibt keine positiven Dinge, nicht eine einzige positive News hier”, sagte Wolff: “Es fehlt an Pace, es fehlt an Downforce und dann geht natürlich gar nichts.”
Noch schlimmer als die Plätze fünf und sieben, die zumindest mit 16 Punkten und Platz drei in der Konstrukteurswertung einhergehen, befand der Österreicher den Abstand zur Spitze. 50,977 Sekunden fehlten Hamilton zum Rennsieger Max Verstappen, der seine Pole Position am Start in eine Führung ummünzte, die er im Laufe der insgesamt 57 Runden scheinbar mühelos ausbaute und dann ganz entspannt ins Ziel brachte. Den zweiten Red Bull pilotierte Sergio Perez knapp 12 Sekunden hinter Verstappen auf Position zwei, dann folgte eine gewaltige Lücke zum Rest des Feldes.
“Red Bull ist auf einem anderen Planeten”, sagte Wolff zur Überlegenheit des Rennstalls, der schon die Saison 2022 dominiert hatte und den Abstand zur Konkurrenz nun noch einmal vergrößert zu haben scheint. Besonders Verstappen schien seinen den RB19 kaum einmal ans Limit bringen zu müssen und hatte doch stets alles im Griff. “Die Lücke ist riesig”, so der Mercedes-Boss, “und um die Lücke zu schließen, müssen wir keine normalen Schritte machen, sondern große.” Schon nach dem Qualifying hatte Wolff angekündigt, der W14 müsse grundlegend umgestaltet und das zugrundeliegende Designkonzept allem Anschein nach komplett aufgegeben werden.
Ein “dramatischer Wake-Up-Call” für Mercedes
Ähnlich resigniert äußerte sich auch George Russell, der im November beim Großen Preis von Brasilien den einzigen Mercedes-Sieg in der Saison 2022 eingefahren hatte. “Red Bull hat die Weltmeisterschaft schon in der Tasche”, sagte der Engländer: “Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand mit ihnen darum kämpfen kann. Ich würde sogar wetten, dass sie jedes einzelne Rennen gewinnen.” Im Vorjahr waren es 17 Siege in 22 Rennen gewesen, 15 davon für den überlegenen Weltmeister Verstappen.
Red-Bull-Teamchef Christian Horner sah zunächst “einen großartigen Start” in die neue Saison, beschrieb die 23 Rennwochenenden als “Marathon”. Er rechne damit, “dass unsere Rivalen mit aller Kraft zurückkommen” nach der Machtdemonstration auf dem Bahrain International Circuit. Mercedes-Boss Wolff erkannte im Resultat indes “ein Spiegelbild der Testfahrten”, in denen Red Bull bereits den mit Abstand stärksten Eindruck hinterlassen hatte.
Für die Silbernen geht es derweil darum, nicht aus dem Top-Trio der Formel 1 herauszufallen – denn nach den beiden Red Bulls kamen noch Fernando Alonso im Aston Martin und Ferrari-Pilot Carlos Sainz ins Ziel, ehe für den ersten Mercedes die schwarz-weiß-karierte Flagge geschwenkt wurde. Vor allem Alonso, der mit 41 Jahren in seinem 359. Grand Prix zum 99. Mal aufs Podium fuhr, scheint an der Hackordnung – Red Bull vor Ferrari vor Mercedes – zu rütteln, was auch Wolff mit einem Lob für die Verbesserung des ehemaligen Teams von Sebastian Vettel goutierte: “Aston Martin ist sehr schnell, das haben sie sich verdient.”
Belohnt wird diese Steigerung mit Platz zwei in der Konstrukteurswertung, weil Lance Stroll im zweiten Aston Martin als Sechster – und damit noch vor Russell – das Ziel erreichte. Alonso wiederum überholte Hamiltons Mercedes und Sainz’ Ferrari auf dem Weg zu Platz drei ganz klassisch auf der Strecke und nicht über die Strategie in der Boxengasse, was ihn anschließend begeistert sagen ließ: “Das zweitbeste Auto im ersten Rennen zu haben, ist einfach surreal.” Wolff dagegen fasste den Start ins Formel-1-Jahr als “dramatischen Wake-Up-Call” zusammen, der ein radikales Umdenken unausweichlich mache. Vom eigentlichen Ziel, wieder Weltmeisterschaften zu erringen, ist erstmal keine Rede mehr.