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Horst Köppel, der sanfte “Rambo” mit dem Toupet

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Die Bayern konnten ihren Augen kaum trauen. Irgendwas war mit Horst Köppel anders. Doch für den Meisterspieler wurde diese Veränderung schnell zu einem Problem. Heute feiert der Mann, der in Dortmund einst als Trainer sang- und klanglos unterging, seinen 75. Geburtstag.

“In der Bundesliga sehe ich Spieler, bei denen der Ball allein schon beim Stoppen weiter wegspringt, als ich jemals schießen konnte.” Horst Köppel war damals gerade aus Japan von Urawa Red Diamonds zurückgekehrt und schaute mit Verwunderung auf den deutschen Fußball der Jahrtausendwende. Erich Ribbeck war in diesen grauen Tagen Bundestrainer und die Auftritte der DFB-Elf selten vergnügungssteuerpflichtig.

Für einen Fußballer wie Horst Köppel ein Graus, schließlich hatte er in seinen Spielertagen bei Borussia Mönchengladbach bei einem der Größten gelernt: “Hennes Weisweiler hat uns allen so viel Spaß am Fußball vermittelt, dass sich keiner von uns vorstellen konnte, einen Beruf ohne Fußball zu ergreifen. Das ist wohl das Gemeinsame an uns Ex-Borussen, auch wenn wir sonst recht unterschiedliche Charaktere haben.”

Mit der Borussia und Kollegen wie Jupp Heynckes, Berti Vogts, Günter Netzer oder Winfried Schäfer hat Horst Köppel fünfmal die Meisterschaft und zweimal den UEFA-Pokal geholt – und über 50 Jahre bis zum 20. Spieltag der Saison 2019/20 einen Rekord gehalten, der erst durch den Dortmunder Jadon Sancho gebrochen wurde. Horst Köppel war der erste unter 20-Jährige, der 24 Tore in der Bundesliga geschossen hatte.

Vertragswirbel mit Gladbach und Stuttgart

Am Anfang seiner Karriere wechselte Horst Köppel fleißig zwischen dem VfB Stuttgart und Borussia Mönchengladbach hin und her – was durchaus für Verwirrung sorgen sollte. Zu Beginn der Saison 1968/69 gab es schließlich Probleme mit seinem Transfer. Der Stuttgarter hatte sowohl bei den Schwaben wie in Mönchengladbach einen Vertrag unterschrieben – beim VfB allerdings etwas früher als bei der Borussia. Am 26. März 1968 morgens um halb drei setzte Köppel damals seine Unterschrift unter die Abmachung mit dem VfB. Sein Vater war in diesem Moment allerdings abwesend, weshalb seine Mutter unterschreiben sollte, dies aber nicht tat. Das Schriftstück war somit eigentlich hinfällig, da Köppel noch nicht volljährig war.

Da in dieser Nacht auch Sekt konsumiert wurde, spekulierte die Presse, ob das Talent möglicherweise angesäuselt gewesen sein könnte, doch Köppel widersprach: “Ich stand nicht unter Alkoholeinfluss. Zwei Gläser hatte ich höchstens getrunken. Also, in dieser Beziehung kein Vorwurf an den VfB.” Die Stuttgarter blieben hartnäckig, und auch Horst Köppel stellte auf stur: “Lieber warte ich ein Jahr, als dass ich zurückkehre.” Am Ende einigte man sich schließlich doch noch – lange sollte Köppel mit diesem Entschluss allerdings nicht glücklich werden. Bereits zur Spielzeit 1971/72 kehrte er wieder nach Stuttgart zurück – um nur zwei weitere Jahre später erneut zur Borussia nach Mönchengladbach zu wechseln.

Plötzlich ist die Glatze verschwunden

Tatsächlich konnte man in diesen frühen Tagen von Köppels Laufbahn den Eindruck gewinnen, dass Horst Köppel nicht jede seiner Entscheidungen von Anfang bis Ende durchdacht hatte. Denn in diese Zeit fiel auch eine Geschichte, die damals für viel Aufregung sorgte. Es war der 2. Oktober 1971, als Horst Köppel auf einmal so völlig anders aussah. Die Spieler des FC Bayern München rieben sich an diesem Tag verwundert die Augen. Irgendetwas hatte der “Horschtle” im Trikot ihres Gegners, dem VfB Stuttgart, machen lassen. Als sich die Fotografen dann auch noch um Köppel scharten, um ein Bild vom Jungprofi der Schwaben zu erhaschen, ging den Münchenern ein Licht auf: Köppel hatte ein künstliches Haarteil auf dem Kopf. Dort, wo zuvor beim 23-Jährigen eine veritable Glatze gemeinsam mit dem Flutlicht um die Wette strahlte, wehte nun eine üppige Frisur im Wind. Doch Köppel gefiel die Geschichte ganz und gar nicht. Sein Fazit nach 90 Minuten hörte sich nicht gut an: “Wenn ich gewusst hätte, wie viel Arbeit das macht und wie viel man darunter schwitzt, also nein …!”

Zum Autor

  • Ben Redelings ist ein Bestseller-Autor und Komödiant aus dem Ruhrgebiet.
  • Sein aktuelles Buch “60 Jahre Bundesliga. Das Jubiläumsalbum” ist ein moderner Klassiker aus dem Verlag “Die Werkstatt”

  • Mit seinen Fußballprogrammen ist er deutschlandweit unterwegs. Infos & Termine auf www.scudetto.de.

Doch noch etwas anderes stellte sich als problematisch heraus: Die verbalen Kommentare und fiesen, handfesten Attacken seiner Gegenspieler hatten es durchaus in sich. Doch warum setzte sich Horst Köppel damals nur bloß all dieser Demütigungen freiwillig aus? Ganz einfach, wie der gebürtige Stuttgarter einmal freimütig gestand: “Es ging nicht nur um Eitelkeit oder Schönheit, es war auch eine ganze Menge Geld im Spiel, und da konnte ich nicht Nein sagen.”

Doch genau dieses viele Geld wurde später schließlich auch zu Köppels Problem. Denn nur kurz nachdem der Haarersatz-Hersteller den Fußballer mit der hohen Stirn als perfekten Werbeträger für seine Produkte entdeckt und unter Vertrag genommen hatte, bemerkte Köppel, dass er das Toupet bei den Spielen lieber nicht tragen wollte. Es war ihm schlicht zu kompliziert und aufwändig. Doch Horst Köppel hatte einen Fehler gemacht: Aus seinem langjährigen und gut dotierten Vertrag kam er nicht so einfach heraus. Und so musste er sein Haarteil bis zum Vertragsende im Jahr 1975 im Trikot der Gladbacher tapfer weitertragen. Es war eine dieser weitreichenden Entscheidungen, die Köppel nicht bis zum Ende komplett durchdacht hatte.

Bei der Borussia spielte sich übrigens nach der zweiten deutschen Meisterschaft dann auch eine berühmte Legende ab. Nach der Saison 1970/71 feierte Gladbach den Gewinn standesgemäß und ausgiebig. Nach dem Titelgewinn ging das Team gleich auf eine Tingeltour durch Süddeutschland. Als vor dem allerletzten Spiel gegen den 1. FC Haßfurt die Zeit des Abschieds gekommen war, lag man sich noch spät in der Nacht in den Armen. Laumen, Dietrich, Luggi Müller und eben Host Köppel verließen den Klub. Ihr Ausstand wurde feuchtfröhlich.

Vielleicht ein wenig zu feucht. Am nächsten Tag stand Köppel an der Seitenlinie, um einen Eckball für Gladbach auszuführen. Wie Tausende Male zuvor lief er an, holte aus – und krachte mit dem rechten Fuß volle Kanne in die Eckfahne. Die Kugel kullerte ins Feld, und da alle Mann sich vor Lachen die Bäuche hielten, ergriff der Terrier als Erster die Initiative. Mit einem Sprint der Extraklasse wollte Berti Vogts den Ball erobern, rannte einige Meter schwungvoll los – und musste dann abrupt abstoppen. Mit einer Zerrung humpelte Vogts vom Platz. Der kuriose Eckball von Haßfurt wurde zur Legende.

Fässchen Bier nach Niederlage

Nach seiner Spielerkarriere arbeitete Horst Köppel als Trainer und hatte bei Arminia Bielefeld seine erste Anstellung als Chefcoach. Es war die Saison 1982/83, als Borussia Dortmund gegen die Arminia 11:1 gewann. Das Besondere: Zur Halbzeit stand es damals noch 1:1, und Bielefelds Trainer Köppel machte seine Mannschaft heiß: “Jungs, wir können hier gewinnen.” Doch das ging in die Hose, wie BVB-Kicker Rolf Rüssmann aus der anderen Perspektive über die Arminen erzählte: “Die Elf war wie ein Punchingball, den man niederschlägt und der rechtzeitig zum nächsten Schlag wieder stramm steht.”

Nach der Partie war Bielefelds Coach verständlicherweise mit den Nerven runter. Das sahen auch die BVB-Offiziellen und schenkten Horst Köppel deshalb etwas ganz Besonderes: ein Fünf-Liter-Fässchen Bier! Das sollte eigentlich ein Journalist bekommen, der den richtigen Tipp abgeben hatte, aber bei diesem Spielstand … Köppel freute sich hörbar: “Am liebsten würde ich das Fässchen ansetzen und in einem Zug leeren!”

Dieses erste Jahr als Cheftrainer lief nicht gerade optimal – und so war es kein Wunder, dass Kolumnist Max Merkel dem Bielefelder Trainer freundlich bescheinigte, wenigstens einen Ball könne er unfallfrei aufpumpen. Doch Horst Köppel reagierte entspannt: “Da hat er Recht, das kann ich auch. Und das kann nicht jeder!”

Welche Art von Coach er in seinen Jahren unter anderem bei Fortuna Düsseldorf, Bayer Uerdingen, Borussia Mönchengladbach und Borussia Dortmund war, verdeutlichen zwei Zitate sehr anschaulich. Einerseits hat sein Kollege Horst Franz einmal indirekt über ihn gesagt: “Verglichen mit Köppel, ist Saftig ein Rambo.” Und Saftig warf man zu dieser Zeit immer vor, zu brav und zu sanft zu sein. Und das andere Zitat stammt vom damaligen BVB-Spieler Michael Zorc, der nach einer Aussprache zwischen Trainer Köppel und der Mannschaft sagte: “Ich habe in Dortmund schon ‘Dallas’ erlebt, dagegen war die Sache ‘Lindenstraße’.”

Mit dem BVB feierte Horst Köppel 1989 auch seinen größten Erfolg als Trainer. Die Borussia gewann mit dem “Held von Berlin”, Norbert Dickel, damals den DFB-Pokal im Endspiel gegen Werder Bremen. Bei einer Prominentenpartie hat er in diesen Tagen als Trainer des BVB einmal gesagt: “Ich bin so heiß auf den Ball, dass ich ihn fressen könnte.” Diese Lust am Fußball, die ihm spätestens Hennes Weisweiler vermittelt hat, ist ihm nie vergangen. Heute feiert Horst Köppel seinen 75. Geburtstag. Alles Gute und Glück auf!

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