Der FC Bayern München rutscht immer tiefer in die Krise. Gegen den FSV Mainz 05 kassiert die Mannschaft von Thomas Tuchel trotz Führung in der Bundesliga eine sensationelle Niederlage. Kapitän Thomas Müller ist danach fassungslos, während Oliver Kahn seiner Wut freien Lauf lässt.
Oliver Kahn und Hasan Salihamidžić verfolgten den nächsten bösen Patzer beinahe regungslos auf der Tribüne, Thomas Tuchel verschwand nach Abpfiff direkt in der Kabine. Für Bayern München droht nach einem völlig unerklärlichen Einbruch beim FSV Mainz 05 sogar der “Trostpreis” Meisterschaft in Gefahr zu geraten. Die Stimmung? Am Boden. Kapitän Thomas Müller war nach der Pleite ratlos, wirkte geschockt. “Ich habe auch keine Patenterklärung dafür”, sagte der 33-Jährige nach dem 1:3 bei den Rheinhessen beim TV-Sender Sky. “Gelassen bin ich überhaupt nicht, ich bin nur etwas ratlos, wie es zu dieser Situation kommt”, meinte Müller.
Nach dem Aus im DFB-Pokal, dem Aus in der Champions League setzte sich der Negativtrend des deutschen Rekordchampions unter dem neuen Trainer Thomas Tuchel fort. Nach der Führung der Bayern durch Sadio Mané (29. Minute) drehten die Mainzer durch Ludovic Ajorque (65.), Leandro Barreiro (73.) und Geburtstagskind Aarón Martín (79.) die Partie in der zweiten Halbzeit. “Wir sind angeknockt, würde ich sagen”, meinte Müller.
Kahn spricht Klartext und zählt Spieler hart an
“Eine Niederlage ist für uns natürlich immer eine brutale Enttäuschung und wird als extreme Diskrepanz zwischen Erwartung und Realität eingeordnet”, sagte Müller: “In der Situation, in der wir uns befinden, wiegt es noch mal schwerer.” Müller war in der 75. Minute ausgewechselt worden war. “Unser Spiel ist grundsätzlich sehr fehlerhaft. Auch bei mir persönlich heute”, sagte Müller. Auf die Frage, ob die Rückschläge und zu viele Nebengeräusche (etwa in der Führungsetage) in den vergangenen Woche, eine Rolle spielen würden, antworte Müller: “Eine interessante Frage. Ich kann es nicht sagen. Wir können viel spekulieren.”
Wenige Minuten nach dem Abpfiff stellte sich auch Kahn den Medien und ließ seiner Wut freien Lauf. “Wer war die Mannschaft, die deutscher Meister werden wollte?”, fragte der Vorstandschef ironisch und antwortete sich selbst: “Es war ganz bestimmt nicht unsere.” Jeder Einzelne müsse sich “selbst an die Nase fassen und sich fragen, ob das wirklich das ist, was reicht, um die Ziele zu erreichen”. Die Münchner hatten trotz Führung nach einer, wie Kahn sagte “katastrophalen zweiten Hälfte” das Spiel noch aus der Hand gegeben. Sportvorstand Hasan Salihamidžić sprach von einem “Tiefpunkt”.
“Tuchel ist der Letzte, über den wir diskutieren müssen”
Kahn machte in erster Linie die Münchner Profis für das nächste Kapitel der Negativserie verantwortlich: “Zum Schluss sind es elf Mann, die da auf dem Platz stehen und die sich für die Ziele dieses Klubs einfach den Hintern aufreißen müssen. Um das geht es im Fußball – und um nichts anderes.” Und Kahn polterte weiter: “Welche Bereitschaft bringe ich mit? Welchen Einsatz bringe ich mit? Alles, was den Fußball neben dem reinen Spielen ausmacht, hat in der zweiten Hälfte bei unserer Mannschaft einfach gefehlt.”
Trainer Thomas Tuchel, der nach sieben Pflichtspielen nur zwei Siege vorweisen kann und in Champions League und DFB-Pokal im Viertelfinale ausschied, nahm der Vorstandsboss aus seiner Kritik aus. “Thomas Tuchel ist der Letzte, über den wir diskutieren müssen”, sagte Kahn. “Er tut mit seinem Trainerteam alles, taktisch und psychologisch, um den Jungs klarzumachen, dass es sich lohnt, diesen deutschen Meistertitel zu holen.” Kahn, der nach dem bislang glücklosen Trainerwechsel von Julian Nagelsmann zu Tuchel zuletzt selbst in die Kritik geraten war, wolle nach eigener Aussage “keinen Millimeter nachgeben, auch nicht in dieser Saison. Trotz dieser schlechten Leistung können wir deutscher Meister werden, es ist alles möglich”, bekräftigte er.
Tuchel bekannte derweil: “Die Probleme sind offensichtlich.” Welche Auswirkungen die Niederlage auf den Titelkampf haben werde, wisse er nicht. “Muss man mal abwarten, was das bedeutet, aber wir tun uns wahnsinnig schwer, Spiele zu gewinnen”, sagte der bei Sky.