Im Sommer endet die Partnerschaft von Bayern München mit Qatar Airways, jetzt geht der Rekordmeister eine neue mit Ruanda ein. Das Land erhofft sich daraus mehr Touristen und langfristig mehr Einnahmen. Wie bereits das Emirat ist auch der neue Sponsor höchst umstritten.
Beim ersten Bundesliga-Heimspiel der neuen Saison am Samstag gegen Augsburg war es in der Münchner Allianz-Arena mit einem neuen Werbebanner bereits zu erkennen: Der FC Bayern München hat einen neuen Sponsoringdeal abgeschlossen. Dieses Mal mit Ruanda. “Visit Rwanda” lautet der Schriftzug auf der Seitenbande. Der Premium-Sponsoringvertrag mit der ruandischen staatlichen Investmentbehörde ist auf fünf Jahre angelegt. Der deutsche Sportverein wird in Ruanda eine Trainingsakademie für Jungen und Mädchen aufbauen und Werbung für das Land machen. Ruandas Ziel ist es, mehr Touristen und eventuell auch Investoren in das kleine ostafrikanische Land locken.
Um wie viele Euro es sich bei dem Deal handelt, ist bislang nicht bekannt. Dafür gibt es womöglich Gründe: Als Ruanda 2018 mit dem englischen Fußballverein Arsenal einen Vertrag im Gesamtumfang von knapp 35 Millionen Euro eingegangen war, hagelte es von allen Seiten Kritik, denn immerhin erhält das Land Entwicklungshilfe. Damals hat Ruandas Regierung erklärt, dass es sich daraus langfristige Einnahmen von über 700 Millionen Euro verspricht. Mittlerweile hat Ruanda seine internationalen Werbeverträge auf die Basketballchampionship erweitert. Auch der Katar-Klub Paris Saint-Germain ging 2020 eine Partnerschaft mit “Visit Rwanda” ein. Die FIFA hielt im März 2023 ihren ersten Kongress nach der WM in Katar ebenfalls in Kigali, der Hauptstadt Ruandas, ab.
Kagawe und FIFA-Boss Gianni Infantino.
(Foto: picture alliance / AA)
Der FC Bayern suchte wiederum nach einem neuen Werbepartner. Ende Juni hatte der Sportclub den vorherigen Sponsoring-Vertrag mit Qatar Airways, der seit 2018 lief, nicht verlängert. Der Grund: Für die Partnerschaft mit Katar hagelte es unter den Bayern-Fans immer wieder Kritik, nachdem im Zuge der Weltmeisterschaft 2022 in dem Golfstaat die umstrittene Menschenrechtssituation sowie die enorme Ausbeutung der Arbeiter auf den WM-Baustellen publik wurden.
Qatar Airways bleibt indirekt bei den Bayern an Bord
Nicht weniger umstritten ist nun der Deal mit Ruanda. Das Land im Herzen Afrikas entfernt sich nach über 23 Jahren Herrschaft unter Präsident Paul Kagame immer weiter von jeglichen demokratischen Grundprinzipien. Unabhängige Journalisten und Oppositionelle sitzen hinter Gittern oder haben das Land verlassen, Wahlergebnisse von knapp 99 Prozent sind Standard geworden. Seit über einem Jahr unternimmt Ruanda geheime Militäroperationen im Nachbarland Demokratische Republik Kongo, unterstützt dort die kongolesischen Tutsi-Rebellen der M23 (Bewegung des 23. März), die große Landstriche entlang der ruandischen Grenze erobert haben. Sprich: Von der Menschenrechtssituation in Katar ist Ruanda nicht weit entfernt.
Zudem holt sich der FC Bayer mit dem Ruanda-Deal nun seinen Ex-Partner Qatar Airways wieder indirekt mit ins Boot. Die staatliche Fluggesellschaft des Emirats ist einer der größten ausländischen Investoren in Ruanda, sie baut dort den neuen internationalen Flughafen sowie gigantische Hotels und Touristen-Lodges. Der Emir von Katar, Tamim bin Hamad Al Thani, ist eng befreundet mit Ruandas Präsident Kagame, er reist oft über das Wochenende mit dem Privatjet ein, um in den ruandischen Regenwäldern die Gorillas zu besuchen.

Der Deal mit “Visit Rwanda” ist in London umstritten.
(Foto: IMAGO/Offside Sports Photography)
Auf der Liste der ausländischen Besucher in Ruandas Nationalparks stehen die Deutschen auf Platz vier. Ruandas Investmentbehörde (RDB) erhofft sich von dem Werbedeal, dass bald noch mehr Deutsche dort Urlaub machen, so Clare Akamanzi, Direktorin der Investmentbehörde. Sie verspricht den Ruandern durch den Zustrom deutscher Touristen eine erhebliche Umsatzsteigerung: “Die Deutschen geben tendenziell mehr aus als der durchschnittliche Tourist pro Tag”, sagt sie im Interview mit der lokalen ruandischen Tageszeitung “New Times”.
Der Werbedeal sei ein Instrument, um Ruanda der Welt vorzustellen, so Akamanzi: “Als Land mit faszinierenden Tourismusattraktionen, einer schnell wachsenden Weltwirtschaft und einem unternehmensfreundlichen Umfeld, nicht nur in Afrika, sondern auf globaler Ebene”, betont sie.
Auch die Bayern werden wohl nach Ruanda reisen
Ruanda hat historisch gesehen ein schlechtes Image. Als ehemalige Kolonie ist das Land im Herzen Afrikas kaum in Deutschland in Erinnerung. Bekannt ist es in erster Linie für seinen Völkermord an über einer Million Tutsi, das das Land 1994 fast völlig zerstört hatte. Seither versucht die Regierung unter Tutsi-Präsident Kagame, das Image des Landes aufzupolieren. Die vielen Glasfassaden der Bürotürme in der Hauptstadt, die Radwege, Golfplätze und schicken Hotels sollen den Eindruck eines aufstrebenden Landes erwecken. Jüngst investierten zunehmend deutsche Firmen in Ruanda: Volkswagen eröffnete ein Werk, Biontech investiert in die Impfstoffproduktion.
Doch trotz einer Einwohnerzahl von gerade einmal 13 Millionen Einwohnern leidet das Land an mangelnden Ressourcen, einer hohen Arbeitslosenquote sowie begrenzten Jobchancen für die Jugend. Die Wirtschaft liegt seit der weltweiten Corona-Pandemie am Boden, denn ein Großteil seiner Einnahmen macht der Staatshaushalt mit Touristen, die während der Covid-19-Lockdowns nicht einreisen durften. Dies soll sich mithilfe der Werbung bei Bayern München also bald wieder ändern.
In ihrer “Vision2040” setzt die Regierung auf die Strategie, das Land neben dem typischen Safari-Tourismus zu einem Hub für Konferenzen sowie regionale und internationale Sport- und Musikveranstaltungen zu etablieren, die im Dienstleistungssektor Jobs schaffen sollen. Dazu wurde 2019 die “BK-Arena” eröffnet, Ostafrikas größte Veranstaltungshalle mit 10.000 Sitzplätzen, direkt neben dem großen Fußballstadion mit 30.000 Plätzen. In den vergangenen Wochen wurde dort die afrikanische Frauen-Basketball-Championship ausgetragen, abends rockten afrikanische Musikstars die Arena, der Präsident feierte begeistert mit. Bald werden also dort auch die FC-Bayern-Stars für ihre Trainingsakademien anreisen. Wie es schon die Stars von Paris Saint-Germain und Arsenal getan haben.