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Als der streitbare Weltstar sich mit Deutschland versöhnte

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Er war der Sensationstransfer in der Bundesliga vor 30 Jahren. Als Bernd Schuster aus Spanien nach Deutschland zu Bayer Leverkusen zurückkehrte, schauten Medien und Fans ganz genau hin. Denn nicht nur sein Abschied aus der Nationalmannschaft zehn Jahre zuvor hatte für tüchtig Schlagzeilen gesorgt.

“Er hat die Intelligenz eines ostfriesischen Teebeutels.” Die Worte von Karl-Heinz Rummenigge über seinen ehemaligen Mitspieler in der deutschen Nationalmannschaft, Bernd Schuster, hallten noch lange nach. Doch nun, als der “blonde Engel” im Sommer 1993 in die Bundesliga zurückkehrte, wollten die Medien natürlich wissen, was ihm denn zu eben diesem Karl-Heinz Rummenigge einfallen würde – und Schuster antwortete weise und diplomatisch: “Einer der ganz großen Stürmer, der seine beste Zeit in der Bundesliga hatte.” Die Journalisten merkten sofort: Der Mann war mit seinen 33 Jahren deutlich gereift. Doch die Geschichten aus früheren Zeiten waren in Deutschland noch lange nicht vergessen.

Angefangen hatte alles so vielsprechend, als die deutsche Nachwuchshoffnung Bernd Schuster 1980 mit der Nationalmannschaft Europameister in Italien wurde. Doch gleich nach dem Turnier wechselte der gebürtige Augsburger vom 1. FC Köln zum FC Barcelona. Die große Fußballwelt stand dem blonden Jungstar nun ganz weit offen – doch die Presse nannte ihn schon bald “arrogant und launisch”. Dabei liebten die Medien Bernd Schuster eigentlich. Nicht zuletzt wegen seiner schillernden Frau Gaby an seiner Seite, die auch als seine Managerin fungierte.

Das Verhältnis begeisterte jedoch nicht jeden – vor allem Schuster Mutter Gisela litt unter der Beziehung und wusste sich Anfang der achtziger Jahre nicht anders zu helfen, als einen offenen Brief in der Illustrierten “Bunte” an ihren eigenen Sohn zu richten: “Lieber Berndi, was ich von dir weiß, weiß ich aus den Zeitungen. Ich habe nicht einmal deine Telefonnummer. Willst du nur deine Ruhe haben? Hat dich der Trubel so verändert? Ich habe mir dir gezittert und gebangt, ich habe mit dir gejubelt und um dich geweint. Herzliche Grüße und alles Gute, deine Mutti.”

Schuster stichelt unter der Gürtellinie

Kurz vor der WM 1982 in Spanien lieferten sich dann die zwei großen Könner des deutschen Fußballs, Paul Breitner und Bernd Schuster, über die Medien einen Machtkampf, wie es ihn in dieser Form zuvor noch nicht gegeben hatte. Der 22-jährige Bernd Schuster griff aus sicherer Distanz in Spanien seinen Kollegen vom FC Bayern München in einer polarisierenden Schärfe an, die zur Folge hatte, dass er seine Nationalmannschaftskarriere für einige Zeit auf Eis legen musste.

Während sich Paul Breitner altersweise und gutmütig gab, stichelte Bernd Schuster unter der Gürtellinie: “Der Paule ist ein gerissener Hund. Noch hält er zwar nicht die Mannschaftsbesprechungen persönlich ab. Noch gibt er seine Befehle über Derwall weiter. Ich würde mich nicht wundern, wenn eines Tages der Breitner dem Derwall die Aufstellung unter der Türritze durchschiebt.”

Der Bayern-Kapitän antwortete gelassen: “Er benimmt sich so wie ich in seinem Alter. Aber wer Spielmacher ist, entscheidet sich in jedem Länderspiel neu. Wer die beste Form hat, soll es machen, das kann mal der Magath aus Hamburg sein, mal der Müller aus Stuttgart, mal ich, und das könnte auch jederzeit Bernd Schuster sein.”

Auf dem Fußballplatz braucht Schuster seine Gaby nicht

Schuster nahm den Ball dankend auf: “Wenn Breitner es nicht schafft – körperlich pfeift er ja derzeit aus dem letzten Loch -, dann bin ich da, wenn Not am Mann ist.” Und er schob süffisant hinterher: “Das Problem Breitner wird sich auf biologische Weise erledigen.”

Doch dann gewann die verbale Schlacht noch einmal zusätzlich an Schärfe. Bundestrainer Jupp Derwall mischte sich ein und rief nach einigen Schnäpsen auf der Hauseinweihungsfeier von Hansi Müller nachts um 2.30 Uhr bei Gaby Schuster an und hielt ihr vor, was für einen schlechten Einfluss sie auf ihren Ehemann habe. Breitner schickte kurz darauf einen weiteren Giftpfeil Richtung Schusters Ehefrau: “Der Bernd ist ein liebenswerter, junger Kerl, aber es ist ein gewaltiger Unterschied, ob man ihn ohne seine Frau trifft oder mit ihr. Im ersten Fall ist er wie ein kleiner Bub, sagt weder muh noch mäh oder gick und gack; im zweiten Fall aber wird er schnell zur rasenden Wildsau.”

Die Schlacht schien tatsächlich geschlagen. Schuster konterte kleinlaut: “Auf dem Fußballplatz komme ich immer noch ohne meine Frau aus.” Und dann zog sich der Star des FC Barcelona zurück und überließ seiner angegriffenen Ehefrau Gaby die Bühne: “Ich gehe nur in die Öffentlichkeit, wenn ich sehe, dass er wegen seiner Gutmütigkeit und Unbekümmertheit über den Tisch gezogen werden soll.”

Ein Jahr später kehrte Bernd Schuster für einige Monate in die Nationalmannschaft zurück. Paul Breitner hatte seine Karriere beendet. Doch auch Schuster bestritt bereits im Februar 1984 sein letztes Länderspiel. Was genau damals zu seinem Rücktritt führte, konnte nie endgültig geklärt werden. Die Querelen waren aber noch lange nicht vergessen.

Bernd Schuster, der deutsche Frank Sinatra?

Und so war es klar, dass die Medien im Sommer 1993 bei der Rückkehr des “blonden Engels” nach Deutschland natürlich wissen wollten, was denn Schusters Frau Gaby über die Heimkehr sagen würde. Der Neu-Leverkusener nahm kein Blatt vor den Mund, als er erst einmal klarstellte, wer an der damaligen Situation Schuld gehabt hätte: “Das lag am Macho-Gehabe der Journalisten. Da gab es keinen Platz für eine Frau im Fußball.” Und er gab ebenfalls zu: “Natürlich guckt sie mit einem Auge darauf, ob die alten negativen Geschichten noch einmal hochkommen.”

Doch im Sommer 1993 war die Stimmung den Schusters erst einmal wohlgesonnen. Denn der zurückgekehrte Weltstar begeisterte nicht nur die Fans, auch sein Trainer Dragoslav Stepanovic war schon nach wenigen Tagen ein großer Anhänger des Fußballers Bernd Schuster. Seinen Spielern gab er mit auf den Weg: “Wenn ihr nicht wisst, wohin mit dem Ball – dann zu Bernd.”

Und auch in den Wochen und Monaten danach sorgten alleine sportliche Schlagzeilen über Bernd Schuster für Aufmerksamkeit. Auch Bayer-Manager Reiner Calmund war richtig aus dem Häuschen: “Der Schuster hat einen PR-Wert wie Frank Sinatra.” Und dann war da ja auch noch der Bundestrainer. Berti Vogts hatte sich extra auf die Tribüne in Leverkusen gesetzt, um den Spanien-Heimkehrer zu beobachten. Hinterher schwärmte er: “Einmalig, wie Schuster das Tempo bestimmt hat. Beeindruckend, was er gearbeitet hat. Und seine Pässe sind Extra-Klasse. Ohne Frage: Bernd Schuster ist der beste Libero, den es nach Franz Beckenbauer je gegeben hat.”

Es waren diese Tage im Sommer 1993, als sich die Schusters wieder mit Deutschland versöhnten. Am Ende eines verrückten ersten Halbjahres in Leverkusen, sagte Bernd Schuster dann sogar: “Ich stehe zur Verfügung, wenn Vogts mich braucht.” Dass es dazu am Ende nicht (mehr) kam, ist vielleicht auch wieder eine dieser typischen Geschichten aus der Karriere des Augsburgers. Doch erst einmal war die Welt der Schusters im Sommer vor dreißig Jahren nach ihrer Rückkehr nach Deutschland komplett in Ordnung.

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