Russlands Angriff auf die Ukraine ist nach Auffassung der Linken zwar völkerrechtswidrig, aber noch lange kein Grund, nicht länger die Abschaffung der NATO zu fordern. Parteichefin Wissler schwebt ein anderes Sicherheitsmodell vor.
Trotz des Ukrainekrieges dringt die Linkspartei auf die Abschaffung der NATO. “Wir wollen die NATO ersetzen durch ein kollektives Sicherheitssystem. Das gilt unverändert”, sagte Parteichefin Janine Wissler den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. “Stabile internationale Sicherheit ist erst dann gewährleistet, wenn alle wichtigen Staaten in ein gemeinsames Sicherheitssystem eingebunden sind. Unsere Kritik an der NATO ist ja nicht obsolet, weil Russland einen völkerrechtswidrigen Krieg führt.”
Den Einwand, ohne die NATO könnte Putins Truppen schon im Baltikum stehen, wollte Wissler nicht gelten lassen. “Mein Eindruck ist nicht, dass Putin kurz vor einem Angriff auf das Baltikum steht. Seine Armee hat sich in der Ukraine total aufgerieben”, sagte sie. “Und die NATO ist alles andere als ein Garant für Sicherheit und Stabilität in dieser Welt. Sie hat selbst völkerrechtswidrige Kriege geführt – in Afghanistan oder auf dem Balkan.” Zudem gehöre die Osterweiterung der NATO “zur Vorgeschichte des Ukraine-Krieges”.
Die Nachfrage, ob sie der NATO die Schuld an diesem Krieg gebe, verneinte Wissler. “Ich halte die NATO-Osterweiterung für einen Fehler. Aber sie ist keine Rechtfertigung, in die Ukraine einzumarschieren und Städte zu bombardieren.”
Im Wahlkampf für die Bundestagswahl 2021 hatte Wissler auch die russische Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim und die Unterdrückung der Opposition ausdrücklich kritisiert. Sie bestritt, dass ihre Partei ein “Faible für Russland” habe – ihr gehe es vielmehr darum, dass “man keine militärische Konfrontation mit Russland will”. Auch damals bekräftigte sie die Position der Linken: “Wir wollen die NATO auflösen und überführen in ein kollektives Sicherheitsbündnis.” Zu diesem solle auch Russland gehören.