Sehr lange hat es gedauert, bis die Ampelkoalition den Entwurf für den Bundeshaushalt 2024 vorgelegt hat. Und wenig überraschend ist schon wieder neuer Streit ausgebrochen. Finanzminister Lindner gibt sich bei Maischberger bemüht, die Wogen zu glätten.
Das Topthema am Mittwochabend wäre eigentlich die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gewesen, die Bundestagsabstimmung über das Gebäudeenergiegesetz zu stoppen. Doch als die Eilmeldung über die Agenturen versendet wird, sind die abendlichen Talkrunden schon aufgezeichnet. Und so spricht Sandra Maischberger mit Christian Lindner nicht übers Heizen, sondern über den Haushalt. Der Bundesfinanzminister hat den Etatentwurf für 2024 am Montag vorgelegt. Und prompt bricht in der Ampelkoalition wieder Streit aus. Lindner ist bemüht, ihn beizulegen.
Lindner im Sparmodus
Der Bundeshaushalt für das Jahr 2024 zeugt vom Sparzwang, den sich der Finanzminister selbst verordnet hat. Lindner will die Schuldenbremse einhalten, und deswegen betont er: “Unsere Mittel sind begrenzt.” Man könne nicht so weitermachen wie in den vergangenen Jahren und immer mehr Schulden anhäufen. Das haben auch schon Lindners Vorgänger erkannt, doch der FDP-Minister scheint jetzt ernst machen zu wollen.
Außerdem hat er noch ein weiteres Problem: Deutschland steckt in einer Rezession. “Das Wirtschaftswachstum geht zurück und die Auftragslage ist nicht mehr so gut”, sagt er. Jetzt gehe es darum, die Stabilität wiederherzustellen, damit man sich später mehr leisten könne.
Sparen wollte Lindner beim Elterngeld – und dabei einen Vorschlag aus dem Familienministerium umsetzen. Danach sollte das Elterngeld reichen Familien nicht mehr ausgezahlt werden. Konkret: Bisher profitieren Familien mit einem gemeinsamen Einkommen bis zu 300.000 Euro pro Jahr von der Leistung, ab dem nächsten Jahr sollte sie ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 150.000 Euro nicht mehr gezahlt werden. Das sind 12.500 Euro im Monat, und so träfe man nicht gerade Familien, die von sozialem Abstieg bedroht wären, wenn sie auf das Elterngeld verzichten müssten. “Das sind keine Bedürftigen”, sagt auch Lindner. Laut Familienministerium wären insgesamt 20.000 Familien von den Kürzungen betroffen, nicht ganz ein Promille der Bevölkerung.
Der Vorschlag für die Kürzung sei aus dem Familienministerium gekommen, sagt Lindner. Aber nun sei Familienministerin Lisa Paus von den Grünen damit nicht mehr einverstanden. Alle Ministerien hätten eine Ausgabenobergrenze, innerhalb derer sie agieren könnten, erklärt der Minister. Er wolle nun mit Paus und Experten nach Alternativen suchen, so dass es zu dieser Kürzung nicht komme. Damit könnte der neue Ampelstreit erst einmal pausieren, sollte man hoffen.
“Jetzt geht es um Prioritätensetzung”
Man könne in Zukunft nicht mehr alles finanzieren, sagt Lindner ein ums andere Mal. “Jetzt geht es um Prioritätensetzung.” So auch bei der Kindergrundsicherung. “Man muss doch realistisch an die Sache herangehen. Wir haben die höchste Kindergelderhöhung seit 1996 gemacht. Wir haben einen Kinderzuschlag und einen Kindersofortzuschlag. Das sind Milliarden mehr, als noch 2021 für Kinder und Familien zur Verfügung gestanden hat”, betont Lindner.
Bei dem Kinderzuschlag gebe es jedoch ein Problem: Immer noch riefen ihn Familien nicht ab, obwohl sie ein Recht darauf hätten. Nun solle ein digitalisiertes Verfahren eingerichtet werden, das diesen Zustand beendet, und dafür solle Familienministerin Paus 100 Millionen Euro bekommen. Die Expertinnen und Experten im Bundesfinanzministerium haben laut Lindner errechnet, der Staat müsse zwei Milliarden Euro mehr ausgeben, wenn alle Eltern den Kinderzuschlag bekämen. Nun gehe es zusätzlich um eine Leistungsausweitung.
Doch Lindner ist skeptisch: “Wir müssen nach den Gründen für Kinderarmut fragen. Die sind zu oft die Arbeitslosigkeit der Eltern, deren mangelnde Integration in den Arbeitsmarkt und deren sprachliche Mängel.” Deswegen will der Minister prüfen lassen, ob die Auszahlung von Kindergrundsicherung die Chancen der Kinder wirklich verbessert. Unklar sei ihm auch, woher das dafür notwendige Geld überhaupt kommen soll. Ministerin Paus werde im August ein entsprechendes Konzept vorlegen, so Lindner. “Und ich möchte ein gutes Konzept, das dafür Sorge trägt, dass Kinder beste Chancen haben.”