Das Nationale Anti-Korruptions-Büro der Ukraine nimmt den Obersten Gerichtshof des Landes ins Visier: Dessen Präsident wird auf frischer Tat bei der Entgegennahme von Bestechungsgeldern ertappt. Bei anderen Richtern laufen Razzien.
Anti-Korruptionskämpfer in der Ukraine haben Schmiergeldzahlungen in Millionenhöhe beim Obersten Gerichtshof aufgedeckt. Gerichtspräsident Wsewolod Knjasjew sei bei einer Entgegennahme von drei Millionen US-Dollar (2,76 Millionen Euro) gefasst worden, berichtete die Internetzeitung “Ukrajinska Prawda” am späten Abend. Knjasjew wurde in Gewahrsam genommen.
Das Nationale Anti-Korruptions-Büro der Ukraine (NABU) veröffentlichte ein Foto von Bündeln mit Geldscheinen auf einer Couch. Details sollen später bekannt gegeben werden. Medien in Kiew berichteten, bei 18 weiteren Richtern der obersten Justizinstanz gebe es Razzien. Nach ersten Medienberichten werden sie verdächtigt, Zahlungen des ukrainischen Oligarchen Konstantin Zhevago entgegengenommen zu haben.
Das NABU und die Sonderstaatsanwaltschaft haben nach eigenen Angaben eine “großangelegte Korruption im Obersten Gerichtshof aufgedeckt, insbesondere einen Plan zur Erlangung ungerechtfertigter Vorteile durch die Führung und die Richter des Obersten Gerichtshofs”, hieß es in der Mitteilung beider Behörden. Wer wen warum bestochen haben soll, geht aus den Mitteilungen nicht hervor.
Der heute 43 Jahre alte Knjasjew war im Oktober 2021 als Vorsitzender des Obersten Gerichtshofs eingesetzt worden. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte immer wieder einen entschlosseneren Kampf gegen die in dem Land verbreitete Schmiergeldkultur versprochen. Selenskyj will damit vor allem zeigen, dass die Ukraine als Beitrittskandidatin der EU bereit ist zu Verhandlungen für eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union.