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“Sie sind die putinsche Stimme Deutschlands”

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In den nächsten Tagen könnte die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine beschlossen werden. Sie würden wohl eine Wende für das Kriegsland bedeuten. In der ARD-Talkshow Anne Will haben sich die Gäste über die erneuten Waffenlieferungen gestritten. Sahra Wagenknecht etwa ist strikt dagegen.

In dieser Woche könnte eine Wende im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine eingeleitet werden. Am Rande der an diesem Montag beginnenden UN-Vollversammlung wollen sich US-Präsident Joe Biden, Bundeskanzler Olaf Scholz und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zu Beratungen treffen. Zudem könnte in den nächsten Tagen eine Lieferung von deutschen Taurus-Marschflugkörpern für die Ukraine beschlossen werden. Vorher sollen sie eine modifizierte Software bekommen, mit der ihre Reichweite von 500 Kilometern gedrosselt werden kann. Unklar ist, wie aufwendig die Neuprogrammierung der Marschflugkörper ist und wann sie zur Verfügung stehen. Ob sie den Krieg in der Ukraine beeinflussen können und welche Ziele der Westen verfolgt, um den Krieg zu beenden, war am Abend Thema in der ARD-Talkshow Anne Will.

Der Militärhistoriker Karl Schlögel fordert vom Westen vor allem: “Man soll die Waffen liefern, die es der Ukraine erlauben, den Feind aus dem Land zu vertreiben. Für mich stellt sich die Frage: Wie kann Europa, wie können die Europäer zuschauen, dass die bedeutendsten Städte des Landes aus der Luft angegriffen, bombardiert und zerstört werden?” Im Laufe der Sendung arbeitet sich Schlögel vor allem an der Noch-Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht ab, der er vorwirft: “Sie sind gemeinsam mit der AfD die putinsche Stimme Deutschlands.”

Kiesewetter wirft Wagenknecht Fakenews vor

Wagenknecht spricht sich für ein Ende der Waffenlieferungen an die Ukraine bei gleichzeitigen Friedensverhandlungen aus. “Die furchtbare Situation beenden wir doch nicht, indem wir Waffensysteme liefern wie den Taurus, eine Waffenart, die auch nuklear bestückbar ist.” Die Behauptung bezeichnet kurz danach der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter als Fakenews. Tatsächlich entwickelten jedoch die USA seit 1982 mit dem AGM-129 einen nuklear bestückten Marschflugkörper, dessen Produktion jedoch nach dem Zerfall der Sowjetunion eingestellt wurde. Auch Russland soll über nuklear bestückbare Marschflugkörper verfügen, berichtete die NATO 2018. Russland dementierte die Berichte.

Wagenknecht fürchtet, dass die NATO mit der Lieferung von Marschflugkörpern einen weiteren Schritt in Richtung Kriegspartei gehe und bezweifelt, dass damit ein Ende des Krieges erreicht werden könnte. “Es ist doch vielmehr so, dass die Ukraine immer mehr ihre Streitkräfte aufreibt. Das ist doch das Problem. Die Zeit arbeitet nicht für die Ukraine, sondern für Putin”, sagt sie. Die Politikerin befürchtet: “Wenn die Ukraine weiterhin so viele Soldaten verliert, dann wird sie nicht nur nach Waffen, sondern auch nach Soldaten rufen. Das wäre eine prekäre Situation für die NATO, denn dann stellt sich die Frage, ob wir zusehen, wie die Ukraine militärisch untergeht, oder ob wir dann wirklich bereit sind, mit Soldaten in diesen Krieg einzugreifen. Das würde bedeuten, wir nehmen einen dritten Weltkrieg in Kauf. Und ich finde, so weit darf es nicht kommen.” Die Befürchtungen der Politikerin sind nicht unberechtigt. Tatsächlich hatte der ukrainische Präsidentenberater Alexander Rodnyansky vor gut zwei Monaten in der ARD-Talkshow Maischberger neben Waffenlieferungen auch den Einsatz von NATO-Soldaten gefordert.

“Ich gehöre zum Team Tempo”

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth von der SPD, kann das Zögern von Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Lieferung der Taurus-Marschflugkörper verstehen. “Der Bundeskanzler hat das zu entscheiden und mit seinem Gewissen zu vereinbaren. Niemand von uns hat das zu tun. Das respektiere ich”, sagt er bei Anne Will. Dennoch macht Roth klar: “Ich gehöre zum Team Tempo.” Der Westen sollte alles liefern, was die Ukraine für ihre Verteidigung und für die Rückeroberung ihres von Russland besetzten Gebietes brauche. “Der Bundeskanzler tut das mit Bedacht, weil für ihn wichtig ist, mit dem wichtigsten Bündnispartner der Ukraine zusammenzuarbeiten: Den USA. Ohne den amerikanischen Präsidenten, der uns mehrfach den Arsch gerettet hat, wäre die Ukraine schon längst am Boden.” Die ukrainische Armee gehe verantwortungsvoll mit den westlichen Waffen um. Nach dem Völkerrecht dürfe eine Armee nur militärische Ziele attackieren, aber keine zivilen Ziele. Im Gegensatz zu Russland halte sich die Ukraine daran.

Auch der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter fordert, so schnell wie möglich die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine zuzusagen. Grundsätzlich kritisiert er: “Unser Zögern führt dazu, dass viele Menschen sterben, weil bestimmte Waffen wie Panzer, Schützenpanzer und jetzt auch Taurus zu spät kommen. Es muss klar sein, dass das Ziel die Befreiung der Ukraine ist. Es ist unser Sicherheitsinteresse, dass die Ukraine nicht zerfällt.” Das Land dürfe nicht zur Blaupause werden für einen möglichen Angriff Chinas auf Taiwan, sagt Kiesewetter. Und weiter: “Russland muss den Krieg verlieren in der Hinsicht, dass es das Existenzrecht seiner Nachbarn akzeptiert. Und das tut es nicht.” Das sieht Roth genauso: “Wenn der Imperialismus Putins nicht ein für allemal gestoppt wird, wird die Ukraine nicht das letzte Ziel sein, dann werden weitere Kriege folgen.”

Taurus “schonende Waffe”

Ein Weg dorthin könnten die Taurus-Marschflugkörper sein. Die wirken laut Kiesewetter intensiv auf die russischen Versorgungslinien der Krim. “Das ist eine Waffe, die schonend vorgeht, weil sie Versorgungslinien zerstört wie Treibstofflager und Munition, und weil sie die etwa 40.000 russischen Soldaten auf der Krim zum Aufgeben zwingt.” Kiesewetter fordert, Deutschland müsse wie andere NATO-Partner mit der Ukraine Verträge über die Verwendung der Waffen abschließen. Der Politiker sagt voraus: “Wir werden (am heutigen) Montag bei der UNO einen Fortschritt erleben. Und am Dienstag ist ein Ramstein-Treffen, da werden wir bestimmte Neuerungen erleben. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir in dieser Woche ein Datum bekommen, bis wann die Taurus geliefert werden.”

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