Während seine Soldaten unter extremen Verlusten in der Ukraine kämpfen, glänzt der russische Verteidigungsminister lange durch Abwesenheit. Offiziellen Angaben zufolge inspiziert Sergej Schoigu jetzt wieder die Front. Die letzte derartige Meldung erwies sich jedoch als Inszenierung fernab vom Kampfgeschehen.
Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu hat angeblich die Front im ostukrainischen Kriegsgebiet inspiziert. Schoigu hörte sich offiziellen Angaben zufolge an einem vorgeschobenen Kommandopunkt im Donbass-Gebiet den Lagebericht an und zeichnete Soldatinnen und Soldaten aus. Das teilte das Ministerium auf seinem Telegram-Kanal mit. “Die Auszeichnungen sind verdient und erarbeitet, ihr kämpft ordentlich. Vor uns liegt eine Menge Arbeit”, sagte Schoigu demzufolge während der Zeremonie.
Russland hat vor mehr als einem Jahr seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen. Besuche von der Moskauer Führung an der Front sind allerdings selten – im Gegensatz zur ukrainischen Seite. Präsident Wolodymyr Selenskyj, Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj oder der Chef der Landstreitkräfte, Olexander Syrskyj, tauchen regelmäßig auch an umkämpften Frontabschnitten wie Bachmut auf. Aktuell besuchte der Kommandeur der ukrainischen Spezialkräfte, Viktor Chorenko, seine Soldaten im inzwischen von russischen Einheiten fast vollständig eingeschlossenen Bachmut.
Das russische Verteidigungsministerium hatte zuletzt Mitte Januar über einen Frontbesuch Schoigus berichtet, davor von zwei weiteren im Dezember. Allerdings sind unabhängige Analysten nach Auswertung der Videos zum Schluss gekommen, dass sich der Minister bei den Besuchen 80 Kilometer von der Front entfernt befunden hatte. In der ersten Phase des Krieges war Schoigu fast vollständig abgetaucht, offiziellen Angaben zufolge wegen eines Herzinfarkts. Über eine Reise von Kremlchef Wladimir Putin, der die Invasion befohlen hat, in das Kriegsgebiet ist bislang nichts bekannt.
Der öffentlich wenig präsente Schoigu wird auch durch Kritiker in Russland unter Druck gesetzt. Im Gegensatz zum Verteidigungsminister inszeniert sich der Chef der Söldnergruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, immer wieder Kamera wirksam bei seinen Kämpfern. Der Oligarch präsentiert sich und seine Privatarmee als Stütze der russischen Invasion, während er der russischen Armeeführung schwere Vorwürfe bis hin zum Verrat macht.