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Rechts hinter Trump blinkt DeSantis wie wild

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Floridas Gouverneur will US-Präsident werden, muss dafür aber in den Vorwahlen an Donald Trump vorbei. Nun stellt er sich im Bundesstaat New Hampshire den Fragen der Wähler. Der Republikaner zeigt, dass er noch ein Stück weiter rechts unterwegs ist.

Die Frage aus dem Publikum ist explosiv. “Glauben Sie, dass Trump gegen das Prinzip der friedlichen Machtübergabe der Gründerväter verstoßen hat, einen der Schlüssel der amerikanischen Demokratie, das wir beibehalten müssen?” Floridas Gouverneur Ron DeSantis muss nun höllisch aufpassen, was er sagt. Es geht um den 6. Januar 2021, den Aufstand, den Sturm ins Kapitol von Washington, und die potenzielle Verantwortung des Ex-Präsidenten dafür. DeSantis will selbst ins Weiße Haus. Es ist seine erste Konfrontation mit republikanischen Wählern im Schlüssel-Bundesstaat New Hampshire.

Der Gouverneur lenkt ab, fragt fast schon rhetorisch zurück, ob der 18-Jährige auf die Highschool gehe sowie woher er komme, und sagt dann: Wenn wir uns auf das Versagen von Präsident Joe Biden konzentrieren, werden wir die Wahl 2024 gewinnen. Sollten wir Dinge neu verhandeln, die vor zwei oder drei Jahren geschehen sind, verlieren wir. Das Publikum applaudiert ihm dafür. Er erwähnt seine “historische” Wiederwahl als Gouverneur in Florida, dass er nichts mit den Vorkommnissen des 6. Januar zu tun hatte und schließt: “Wir müssen nach vorne gucken.” Auf dem Banner hinter ihm ist in riesigen Lettern “restore sanity” zu lesen, Vernunft wiederherstellen.

Der Gouverneur und Hauptkonkurrent von Trump für die Kandidatur der US-Republikaner ist der Kugel geschmeidig ausgewichen. DeSantis kann es sich nicht leisten, Trumps Basis zu verprellen. Er muss sie davon überzeugen, dass er der bessere Trump wäre. Der Gouverneur übertraf den Ex-Präsidenten Anfang des Jahres in Umfragen, ist aber seither zurückgefallen: Trump führt mit rund 30 Prozent vor seinem Konkurrenten. Der kann es sich nicht leisten, klein beizugeben, im Gegenteil. New Hampshire gehört zur ersten Handvoll Vorwahlstaaten und ist damit unabdingbar für Bewerber. Wer hier Anfang kommenden Jahres gut abschneidet, bleibt im Rennen um die Kandidatur und kann in der Folge vielleicht sogar das Ruder auf seine Seite ziehen.

DeSantis bei einem Auftritt im US-Bundesstaat Texas: “Keine Ausflüchte”, ist hinter ihm auf einer Wand über die Grenzsicherheit zu lesen.

(Foto: AP)

Entsprechend geben sich die Konservativen dort die Klinke in die Hand, gehen sogar gleichzeitig durch die Tür: Während DeSantis auf die Fragen aus dem Publikum reagiert, sind im Bundesstaat drei weitere Bewerber auf Veranstaltungen. Darunter auch Trump beim Frauenverband der Republikaner. Für einen Analysten ist das ein klarer taktischer Fehler von DeSantis: “Es ist einfach dumm”, wird er bei “Politico” zitiert. In New Hampshire lege man sich nicht dem Frauenverband an.

Rechts blinken und auf Fahrprüfung verweisen

New Hampshire, nordöstlich von New York City, ist auch deshalb ein großer Treffpunkt republikanischer Politik, weil hier offene Vorwahlen stattfinden. US-Amerikaner, die für keine Partei registriert sind, können am Wahltag an die Urnen gehen. Es können also auch Wechselwähler spontan auftauchen und einen unerwarteten Vorwahlsieg bringen. Entsprechend viel Geld und Energie pumpt die Lobbygruppe “Never Back Down” (Gib niemals nach) für DeSantis in den ersten Vorwahlbundesstaaten. Teams gehen in Iowa, South Carolina und New Hampshire bereits von Tür zu Tür und versuchen, die Anwohner zu überzeugen.

Statt Trump frontal anzugreifen, blinkt der Kulturkrieger DeSantis inhaltlich wie wild rechts. Der “Sumpf” der Politik solle nicht nur ausgetrocknet, sondern “kaputtgemacht” werden, damit er nicht wieder aufgefüllt wird wie unter Präsident Joe Biden, erklärt er. Die “gesichtslose Bürokratie”, schimpft er, sei zur vierten Gewalt herangewachsen und könne “straflos” machen, was sie wolle – etwa erneuerbare Energie zum Nachteil fossiler fördern. Damit spielt DeSantis auch auf die Umweltschutzbehörde EPA an. In Washington D.C. sollte die Hälfte der Staatsangestellten gehen, der FBI-Chef werde gefeuert, ein Generalstaatsanwalt mit einem “Rückgrat aus Stahl” eingesetzt. Das Militär müsse sich darauf konzentrieren, Missionen zu erfüllen, nicht auf “woke” Kulturkämpfe. Es sind Positionen, mit denen man bei den meisten Republikanern punktet.

Mehrfach erklärt DeSantis, dass er statt Europa vielmehr die Außenpolitik im Pazifikraum als viel wichtiger ansehe. China sei die größte Bedrohung, möglicherweise sogar größer als die Sowjetunion im Kalten Krieg: “Wir müssen Asien genauso behandeln wie Europa nach dem Zweiten Weltkrieg.” Deutschland und andere müssten mehr investieren in ihre Verteidigung. Die Schlagkraft der Navy müsse im Westen verdoppelt werden. Das Ziel sei weltweite Abschreckung, um nicht in Kriege ziehen zu müssen. “Wir brauchen eine 21.-Jahrhundert-Version der Monroe-Doktrin und müssen China aus unserem Hinterhof bekommen.” Damit meint er das wirtschaftliche Engagement Chinas in Lateinamerika.

Auch DeSantis verspricht die Mauer

So wie bei seiner Antwort auf den 18-Jährigen kommt DeSantis bei diesem Townhall immer wieder auf seine bisherigen Jahre als Gouverneur zurück. Er blinkt nicht nur rechts, sondern pocht zugleich auf seine Fahrprüfung, seine Nachweise als Macher: Er habe in seinem Bundesstaat Florida mehr umsetzen können, als er versprochen habe, tönt er, und dies werde er auch als Präsident tun. DeSantis brüstet sich unter anderem damit, ein Propaganda-Institut Chinas aus den Hochschulen verbannt und Landkäufe der Kommunistischen Partei untersagt zu haben. Im April unterzeichnete er ein Gesetz für ein Abtreibungsverbot nach der 6. Woche, eines der striktesten in den USA. Die Regeln für Migranten ohne Aufenthaltserlaubnis seien verschärft worden.

Ohnehin, die Migration: Bevor er Fragen aus dem Publikum akzeptiert, hält er einen langen Monolog, den er mit einem fast viertelstündigen Vortrag über Einwanderung und mutmaßliche Folgen begann. “Millionen und Millionen aus der ganzen Welt” kämen in die USA, man wisse nicht, wer sie seien, manche davon Kriminelle, die Gemeinden schadeten. “Wir werden die Invasion stoppen, die Drogenkartelle bekämpfen und ja, wir werden die Mauer tatsächlich bauen und die Unabhängigkeit unseres Landes wieder herstellen.” Für diese stringente Version des Trump’schen Vokabulars inklusive kleiner Spitze gegen den Ex-Präsidenten gibt es viel Applaus. Trump hatte eine Mauer an die US-Südgrenze zu Mexiko immer wieder angekündigt, aber nicht fertiggestellt.

Im August werden sich Trump und DeSantis erstmals auf einer Fernsehbühne gegenüberstehen. Laut Analysten kommt der Gouverneur aber nicht darum herum, sich endlich nahbarer für die Wähler zu zeigen. “Einzelhandel-Politik”, wird das im Jargon genannt. In New Hampshire hat er eben dies versucht und sich seinem Ton des Anpackenden gut geschlagen: “Mein Hauptansatz ist: Keine Ausreden, wir werden den Job erledigen!”, sagt er an einer Stelle über seine Agenda. Ob das reichen wird, um gegen den medial überpräsenten Trump anzukommen und ihm dessen Basis abspenstig zu machen, ist eine andere Frage. DeSantis gibt vor, dies zu wissen: “Es wird ein neuer Sheriff in der Stadt sein, basierend auf Verdiensten.”

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