Im Haushaltsstreit der Ampelkoalition hat Bundesfinanzminister Christian Lindner auch die Bundesregierung zum Sparen aufgefordert. In der ARD-Talkshow “Maischberger” stellt er am Mittwochabend den geplanten Neubau neben dem Kanzleramt infrage.
Bundesfinanzminister Christian Lindner von der FDP hat die Bundesregierung zu mehr Sparsamkeit aufgefordert. Lindner sagte am Mittwochabend in der ARD-Sendung “Maischberger”: “Ich glaube, dass in Zeiten von Homeoffice und ortsflexiblem Arbeiten ein mindestens 800 Millionen Euro teurer Neubau neben dem Kanzleramt entbehrlich ist.” In seinem Ministerium gebe es aktuell 75 Prozent ortsflexible Arbeit. Daraus folge, dass man Büroflächen anders nutzen könne. “Bundeskanzler Olaf Scholz wird missvergnügt sein, dass ich das jetzt hier vorgeschlagen habe. Aber das ist schließlich mein Job”, so Lindner weiter.
Keine Sorgen macht sich der Minister wegen der aktuellen Turbulenzen bei der Credit Suisse, deren Aktienkurs am Mittwoch teilweise um 30 Prozent gefallen war. “Das deutsche Kreditwesen ist stabil”, so Lindner. Grund für die Turbulenzen des Schweizer Unternehmens waren Aussagen des größten Aktionärs, der saudischen Nationalbank. Ein Sprecher hatte der Presse erklärt, dass die Bank der Credit Suisse kein weiteres Geld zuführen würde.
“Es fehlen uns Einnahmen”
Finanzminister Lindner hatte ursprünglich am Mittwoch dem Bundeskabinett die Eckwerte für den Haushalt 2024 zur Abstimmung vorlegen wollen. Doch weil sich die Regierungsmitglieder noch nicht über die Höhe ihrer jeweiligen Etats mit dem Minister einigen konnten, wird es damit nun noch einige Zeit dauern. Lindner hat aber auch noch Zeit. Der Haushalt muss erst im Herbst vom Bundestag verabschiedet werden.
“Es gibt noch kein Verständnis für die finanzpolitischen Realitäten”, kritisiert Lindner seine Ministerkollegen bei “Maischberger”. “Die Situation ist so, dass uns die Einnahmen fehlen für die bestehenden Ausgaben des Staates”, benennt der Minister das Problem.
Die Schuldenrückzahlungen des Bundes haben sich zwischen 2021 und 2023 laut Lindner von vier auf vierzig Milliarden Euro verzehnfacht. Deswegen müsse Deutschland Schulden loswerden, damit nicht irgendwann für die “Bedienung des Schuldendienstes” Steuern erhöht werden müssten. Darum sei es auch richtig, auf die Einhaltung der Schuldenbremse zu bestehen. “Das ist kein Fetisch, sondern ein Gebot der ökonomischen Klugheit, dass der Staat jetzt endlich mit dem Geld auskommt, das die Bürger ihm zur Verfügung stellen.”
Kein Sondervermögen für Kindergrundsicherung
Wenig Entgegenkommen signalisiert der Finanzminister bei der Kindergrundsicherung, die Familienministerin Lisa Paus von den Grünen einführen will. Dazu habe die Ministerin noch kein Konzept vorgelegt, so Lindner. Im Übrigen habe die Regierung mit der Erhöhung des Kindergeldes und mit dem Kinderzuschlag für arme Menschen das wesentliche bereits getan. Er könne sich allerdings vorstellen, ein automatisiertes digitales Verfahren einzuführen, um die Familien zu erreichen, die die Leistungen für Kinder nicht nutzen, sagt Lindner. Das werde etwa zwei Milliarden Euro kosten.
Ein Sondervermögen zur Finanzierung der Kindergrundsicherung kann sich der Minister nicht vorstellen. Dabei handele es sich um weitere Schulden. “Das ging bei der Bundeswehr, denn da sind es einmalige Investitionen. Hier aber sollen auf Dauer soziale Leistungen mit Schulden finanziert werden. Da bin ich Spielverderber: Es ist nicht möglich, auf Dauer mehr Geld zu verteilen, als der Staat hat”, so Lindner.
Doch es gibt noch einen weiteren Grund, der gegen ein Sondervermögen zur Finanzierung der Kindergrundsicherung spricht. Ein Sondervermögen ist nichts anderes als ein Schattenhaushalt, der zusätzlich zum eigentlichen Bundeshaushalt geführt werden muss. Der Bundesrechnungshof beklagt: Je mehr dieser Schattenhaushalte es gibt, desto undurchsichtiger wird der Bundeshaushalt. Und aktuell liegt die Zahl der Sondervermögen bei knapp dreißig.