Seit vier Wochen wird ein Referentenentwurf aus dem Wirtschaftsministerium heftig diskutiert. Er regelt das Aus für Öl- und Gasheizungen. In der ZDF-Talkshow “Maybrit Illner” am Donnerstagabend gibt es viele Vorwürfe der Gäste, aber kaum tragfähige Lösungen.
Eigentlich könnte die Ampelkoalition zufrieden sein: Immerhin ist Deutschland besser als erwartet durch den Winter gekommen. Dennoch wirkt sie zerstritten wie nie. Aktuell geht es vor allem um den Einbau von Gas- und Ölheizungen. Dazu wurde vor kurzem offenbar ein Referentenentwurf aus dem Wirtschaftsministerium geleakt. Und wenn sich – wie in diesem Fall – drei streiten, freut sich der Vierte, und das ist die Union. Maybrit Illner hat sich für Donnerstagabend in ihre ZDF-Talkshow zwei Gäste eingeladen, bei denen Streit bereits vorprogrammiert ist.
Da ist die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang, die diesmal die Ampel vertritt. In der Koalition sei es in den letzten Wochen ziemlich ruppig zugegangen, gibt sie zu. “Aber jetzt müssen wir auch zusammenkommen, uns an einen Tisch setzen, miteinander verhandeln und zu einer Einigung kommen. Das haben die Bürger verdient.” Die Einigung müsse sich aber an der Realität der Klimakrise messen lassen, verlangt sie. Da reiche es nicht aus, sich für die Klimaneutralität 2045 auszusprechen. “Wenn ich das ernst meine, kann ich im nächsten Jahr keine neuen Gas- und Ölheizungen einbauen, die dreißig Jahre halten. Jetzt müssen wir überlegen, wie wir die Wärmewende hinkriegen. Jetzt müssen wir starten.”
Ampel beschloss das Aus schon vor einem Jahr
Bereits vor einem Jahr hatte die Ampelkoalition auf einem Koalitionsgipfel das Aus für Öl- und Gasheizungen für 2024 beschlossen. Dann sollten neu eingebaute Heizungen zu mindestens zwei Dritteln mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Nach dem geleakten Referentenentwurf aus dem Wirtschaftsministerium kritisieren FDP und Opposition vor allem, dass Wirtschaftsminister Habeck nur noch auf den Einbau teurer Wärmepumpen setze.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer von der CDU wünscht sich dagegen ein “Neuaufsetzen der Energiewende”. Das wäre die Aufgabe der Ampelkoalition, statt sich zu streiten, sagt er. “Ich bin der Erste, der dabei ist und mithelfen würde”, so der Politiker, der in Sachsen eine Koalition mit den Grünen geschmiedet hat. Sein Angebot wirkt jedoch nicht recht glaubwürdig – angesichts gerade mal elf Windrädern, die im vergangenen Jahr in dem Freistaat in Betrieb gegangen sind, was die Moderatorin auch klarstellt. Die Bürger hätten die Anlagen nicht gewollt, sagt Kretschmer. Die Ampel sei seiner Meinung nach jedoch verantwortlich dafür, “dass wir eine Verknappung von Energie bekommen und mehr CO2 ausstoßen. Jetzt soll auch noch die Atomkraft abgeschaltet werden. Das wird ersetzt durch Braunkohle und durch LNG-Gas, das genau so viel CO2 ausstößt. Das ist keine Klimapolitik, das ist eine Verarschung der jungen Generation, der der Klimaschutz wirklich wichtig ist.”
Kretschmer für Reparatur von Nord Stream 1
Wie die Energiewende aussieht, die sich Kretschmer wünscht, wird an diesem Abend nicht ganz klar. Er setzt auf AKWs, von denen er jedoch selber sagt, dass sie gerade mal etwa fünf Prozent des Stroms liefern würden, den Deutschland brauche. Und er wolle die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 warten lassen, damit sie nicht durch Korrosion unbrauchbar werde. Sie könnte nach dem Ende des Krieges in der Ukraine möglicherweise wieder genutzt werden – in fünf, zehn oder zwanzig Jahren, so der Politiker. Man könne aber nicht “von heute auf morgen alle Gas- und Ölheizungen wegmachen”, wie es die Regierung plane. Dafür seien weder die Kapazitäten noch die Wärmepumpen in einer vernünftigen Preiskategorie da.
Eine “Verschrottungsorgie”, wie einige Politiker behaupteten, werde es nicht geben, erklärt Lang. “Wer jetzt eine Gas- oder Ölheizung hat, der wird die auch in 2024 oder 2025 oder darüber hinaus weiter benutzen können. Nur bei Neubauten oder wenn die Gas- oder Ölheizung völlig den Geist aufgibt und nicht mehr repariert werden kann, und wenn eine neue Heizung eingebaut werden muss, dann ist es ein Gebot der Vernunft, dass ich nicht auf fossile Energien setze, die immer teurer werden, sondern auf erneuerbare und bezahlbare Energien. Um nichts anderes geht es.”
Das bestätigt auch Energieexpertin und Wirtschaftsweise Veronika Grimm, die ansonsten aber nicht viel von dem Vorhaben der Regierung hält. “Ambitioniert” nennt sie es. Die Energiewende werde es nicht bringen, “weil wir uns an den Rand des Nervenzusammenbruchs bringen werden.” Viele Gas- und Ölheizungen seien recht alt, und die Zeit sei zu kurz, um schnell Wärmepumpen einzubauen. Sie seien zu teuer, zusätzlich fehle es an den nötigen Fachkräften.
Wärmepumpen kaum teurer als Gasheizungen
Zumindest was das finanzielle Problem angeht, gibt es schon heute Entlastung. So wird der Einbau von Wärmepumpen aktuell mit 40 Prozent vom Staat gefördert. Damit wäre eine Erdwärmepumpe für aktuell etwa 30.000 Euro nur unwesentlich teurer als eine Gasheizung. Mittelfristig soll sie aber preiswerter sein, weil die Preise für fossile Brennstoffe weiter steigen dürften.
Doch trotzdem könnte es Probleme geben, die auf die Regierung zukommen, sagt Veronika Grimm. “Für die Wärme in den Städten durch die Wärmepumpen brauchen wir den Strom. Dazu brauchen wir die entsprechenden Netze. Wenn wir die nicht haben, wird das alles nicht betreibbar sein.”
Die Ampelkoalition hat sich unterdessen offenbar in dem Streit angenähert. So soll es angeblich eine Abwrackprämie für alte Heizkessel geben. Wohnungs- und Hausbesitzer mit hohen Einkommen sollen günstigere Kredite für die Anschaffung einer Wärmepumpe bekommen. Schließlich sollen beim Einbau mehr Technologien möglich sein.