Knapp zwei Tage nach Beginn ihrer großangelegten Militäroperation beginnt Israels Armee mit dem Abzug von Truppen aus Dschenin im besetzten Westjordanland. 30 Terrorverdächtige sind in Haft, die palästinensische Seite spricht von zwölf Toten. In der Nacht wird ein israelischer Soldat erschossen.
Die israelische Armee hat laut eigenen Angaben den Rückzug aus dem Flüchtlingslager der Stadt Dschenin im besetzten Westjordanland eingeleitet. Erste Soldaten hätten am späten Abend die Stadt verlassen, teilte das Militär mit. Es sei noch unklar, wie lange der Abzug aller Kräfte dauere.
Dem palästinensischen Gesundheitsministerium zufolge wurden bei dem israelischen Einsatz im Laufe des Tages zwei weitere Palästinenser getötet, die Zahl der Todesopfer stieg demnach auf mindestens zwölf. Auf israelischer Seite starb in der Nacht ein Soldat durch Schüsse. Die Operation hatte laut Armee das Ziel, “terroristische Infrastruktur” islamistischer Extremisten zu zerschlagen. Palästinensischen Berichten zufolge kam es während des beginnenden Abzugs zu heftigen Feuergefechten mit bewaffneten Einwohnern.
Der Norden des Westjordanlands ist seit einiger Zeit immer wieder Schauplatz von Angriffen auf Israelis sowie von Gewalt radikaler jüdischer Siedler gegen Palästinenser. Nach palästinensischen Angaben handelte es sich um den massivsten Armeeeinsatz seit fünf Jahren. Die Armee machte dabei eigenen Angaben zufolge in Dschenin unter anderem sechs Anlagen zur Herstellung von Sprengstoff und drei Einsatzzentralen unbrauchbar und zerstörte Verstecke mutmaßlicher Terroristen. Zudem hätten die Einsatzkräfte eine große Anzahl an Waffen beschlagnahmt. 30 Verdächtige seien festgenommen worden.
Rund 3000 der 18.000 Einwohner des Flüchtlingslagers flohen vor den Kämpfen. Sie sollen nach Angaben des Vize-Gouverneurs von Dschenin, Kamal Abu al-Rub, vorläufig in Schulen und anderen Notunterkünften untergebracht werden.
Anschlag in Tel Aviv
Dschenin gilt als Hochburg militanter Palästinenser und Rückzugsort für Attentäter. Neben der im Gazastreifen herrschenden Hamas haben in den vergangenen Jahren auch die militante Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad sowie weitere Gruppierungen dort massiv an Einfluss gewonnen. Finanziert werden sie größtenteils vom Iran.
Am Dienstag hatte ein nach israelischen Polizeiangaben aus dem Westjordanland stammender Mann in Tel Aviv sieben Menschen bei einem Attentat mit einem Wagen und dann mit einer Stichwaffe verletzt, bevor ein bewaffneter Passant ihn erschoss. Die Spannungen zwischen Israelis und Palästinensern hatten sich bereits zu Beginn des vergangenen Jahrs verschärft. Unter Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und seinen teils rechtsextremen Koalitionspartnern hat die Gewalt nochmals zugenommen. Allein seit Jahresbeginn wurden mindestens 188 militante und zivile Palästinenser, 25 Israelis, ein Ukrainer und ein Italiener getötet, wie eine Zählung von AFP auf Grundlage offizieller Quellen ergibt.