Ein antisemitisches Hetzblatt aus der Schulzeit setzt Hubert Aiwanger unter Druck. Der Stellvertreter von Bayerns Landeschef Söder muss sich nun vor dem Koalitionsausschuss erklären. Einem Bericht zufolge soll sich der Politiker bereits vor einigen Jahren mit dem Pamphlet beschäftigt haben.
Nach den Vorwürfen gegen Bayerns Vize-Regierungschef Hubert Aiwanger von den Freien Wählern trifft sich am Vormittag der Koalitionsausschuss zu einer Sondersitzung. Ministerpräsident Markus Söder hat die Freien Wähler nach Angaben der Staatskanzlei zu der Sitzung “einbestellt”. Aiwanger soll dort offene Fragen beantworten und persönlich Stellung nehmen.
Der Politiker hatte am Samstagabend schriftlich zurückgewiesen, zu Schulzeiten ein antisemitisches Flugblatt geschrieben zu haben. Gleichzeitig räumte er aber ein, es seien “ein oder wenige Exemplare” in seiner Schultasche gefunden worden. Kurz darauf gestand Aiwangers älterer Bruder ein, das Pamphlet geschrieben zu haben. Söder reichen diese Erklärung aber bislang nicht aus.
Wie die “Süddeutsche Zeitung” (SZ) nun meldet, gibt es Hinweise darauf, dass sich Aiwanger bereits 2008 mit dem Flugblatt befasste. Als die Freien Wähler damals in den bayerischen Landtag einzogen, habe der Politiker offenbar herausfinden wollen, ob ihm wegen des Pamphlets möglicherweise Ärger drohe.
Jutta Widmann, Abgeordnete der Freien Wähler, sei bei einem Lehrer aufgetaucht, der der Disziplinarkommission angehörte, die in den 80er Jahren über die Strafe für das Flugblatt beriet. Die namentlich nicht genannte Lehrkraft habe zu diesem Zeitpunkt jedoch keinen Grund gesehen, die früheren disziplinarischen Maßnahmen öffentlich zu machen, schreibt die SZ.
“Eine fragwürdige Geisteshaltung”
Kürzlich soll der Direktor von Aiwangers ehemaliger Schule über Demokratie gesprochen und den Politiker dabei als schlechtes Beispiel herausgestellt haben. Daraufhin habe sich der ehemalige Lehrer von Aiwanger dazu entschieden, den Direktor über den damaligen Vorfall zu informieren. Zudem habe er sich auch an die SZ gewandt, die den Skandal öffentlich machte.
Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: “Auch wenn der stellvertretende bayerische Ministerpräsident das damalige Flugblatt als Schüler nicht selbst geschrieben haben sollte: Ein solches Schreiben mit übelster antisemitischer Hetze bewusst in der Schultasche zu haben und sich, in seinen eigenen Worten, nur ‘unter Druck’ mit dem Thema Drittes Reich auseinandergesetzt zu haben, zeigt eine fragwürdige Geisteshaltung.” Es gebe noch weiteren Aufklärungsbedarf.
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz forderte weitere Aufklärung von Aiwanger. “Das muss aus Sicht des Bundeskanzlers alles umfassend und sofort aufgeklärt werden”, sagte ein Regierungssprecher Berlin. Gegebenenfalls müsse es auch “politische Konsequenzen” geben.