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Die Ampel ist nach langwierigem Streit am Ziel: Das Gebäudeenergiegesetz von Bundeswirtschaftsminister Habeck und Bauministerin Geywitz wird verabschiedet. Anders als von vielen Menschen befürchtet, ändert sich für die meisten erst einmal nichts – langfristig dagegen alles. Lesen Sie hier, was auf Sie zukommt.
Rund 170 Seiten umfasst das jetzt schon historische Heizungsgesetz. Mehr als Dreiviertel aller Heizungen im Land, die meisten davon Gas- und Ölverbrenner, werden binnen 22 Jahren auf Erneuerbare Energien umgerüstet. Ziel des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) ist die vollständige Dekarbonisierung des Wärmesektors, der immerhin 18 Prozent aller deutschen CO2-Emissionen verursacht. Weil der Gesetzgeber Übergangsfristen vorsieht, Förderkulissen noch nicht im Detail festgeschrieben sind und vieles vom Stand der jeweiligen kommunalen Wärmeplanung abhängt, sind die Anforderungen an Haus- und Wohnungsbesitzer unübersichtlich. Folgende Fragen können bereits weitgehend beantwortet werden.
Müssen funktionierende Heizungen raus?
Nein. Ab Januar 2024 soll möglichst jede neu eingebaute Heizung mit mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energie betrieben werden. Die Regelungen des GEG sollen von 2024 an unmittelbar erst einmal nur für Neubaugebiete gelten. Bestehende Heizungen sollen weiterlaufen und auch repariert werden können. Mit anderen Worten: “Es gibt keine sofortige Austauschpflicht für bestehende Heizungen”, betont die Bundesregierung. Es gibt Übergangsfristen und Ausnahmen. Ältere Hausbesitzer oder solche mit wenig Geld sollen nicht überfordert werden.
Was schießt der Staat zu?
Der Staat übernimmt unter bestimmten Voraussetzungen bis zu 70 Prozent der Kosten für eine neue Heizung. Die maximal förderfähigen Kosten sollen zum Beispiel bei einem Einfamilienhaus bei 30.000 Euro liegen. Der maximale staatliche Zuschuss liegt also bei 21.000 Euro. Ferner soll es zinsgünstige Kredite geben. Verbände fordern Nachbesserungen am neuen Förderprogramm.
Was soll mit bestehenden Heizungsanlagen geschehen?
Dreh- und Angelpunkt für bestehende Heizungen soll eine verpflichtende und flächendeckende kommunale Wärmeplanung sein. Erst wenn diese vorliegt, müssen neue Heizungen auch in Bestandsgebäuden die Vorgabe von mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien erfüllen. Der Zeitpunkt, wann die Kommunen diese Wärmeplanung vorlegen variiert: Einige Kommunen haben diese schon. Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern sollen diese laut Gesetzentwurf bis Mitte 2026 vorlegen. Alle anderen Kommunen, die noch ohne Pläne sind, bekommen Zeit bis zum 30. Juni 2028.
Was ist ein kommunaler Wärmeplan?
Solch ein kommunaler Wärmeplan soll zum Beispiel zeigen, ob es eine klimafreundliche Fernwärmeversorgung gibt oder geben wird, an die ein Gebäude angeschlossen werden kann. So sollen Eigentümer vor ihrer Entscheidung “Planungs- und Investitionssicherheit” bekommen. Heizungsgesetz und Wärmeplanungsgesetz sollen am 1. Januar 2024 in Kraft treten.
Was müssen neue Heizungen können?
Die Bundesregierung sagt, dass das Gesetz “technologieneutral” ausgestaltet ist. So könnten Eigentümer den vorgeschriebenen Erneuerbaren-Anteil von mindestens 65 Prozent auch rechnerisch nachweisen. Als weitere Möglichkeiten für das Erreichen des Anteils sieht das Gesetz etwa einen Fernwärme-Anschluss, eine elektrische Wärmepumpe, eine Stromdirektheizung oder eine Heizung auf der Basis von Solarthermie vor. Auch eine Hybridheizung, also eine Kombination aus Erneuerbaren-Heizung und Gas- oder Ölkessel, ist möglich.
Was ist mit Wasserstoff?
Unter bestimmten Bedingungen gibt es auch die Möglichkeit so genannter wasserstofffähiger Gasheizungen, die auf 100 Prozent Wasserstoff umrüstbar sind. Für bestehende Gebäude sind etwa Biomasseheizungen oder Gasheizungen möglich, die erneuerbare Gase wie Biomethan, biogenes Flüssiggas oder Wasserstoff verbrennen. Wer diese Anlagen bei fehlenden Wärmeplänen im Übergangszeitraum bis Mitte 2026 oder Mitte 2028 in Bestandsgebäuden einbaut werden, muss schrittweise weg vom fossilen Gas. Sie müssen einen steigenden Anteil Biomasse oder Wasserstoff für die Wärmeerzeugung nutzen: von 15 Prozent in 2029 auf 60 Prozent ab 2040.
Welche Übergangsfristen gibt es?
Wenn eine Erdgas- oder Ölheizung irreparabel kaputt ist, soll es eine Übergangsfrist geben. Während der Übergangsfrist von fünf Jahren können Heizungsanlagen eingebaut, aufgestellt und betrieben werden, die nicht die Anforderungen von 65 Prozent erneuerbare Energien erfüllen. Etwa gebrauchte Gasheizungen. Nach Ablauf dieser Frist sollen überall kommunale Wärmepläne vorliegen – als Entscheidungsgrundlage für eine passende klimafreundliche Heizung.
Was ist mit den Betriebskosten bei Mietwohnungen?
Bisher dürfen Vermieter maximal 8 Prozent der Kosten für eine Modernisierungsmaßnahme auf die Jahresmiete umlegen, wenn sie zum Beispiel eine Wohnung sanieren. Im GEG ist nun eine neue Modernisierungsumlage verankert. Vermieter sollen Investitionskosten für den Heizungstausch in Höhe von 10 Prozent auf den Mieter umlegen können – Bedingung ist aber, dass eine staatliche Förderung in Anspruch genommen und die Fördersumme von den auf die Mieter umlegbaren Kosten abgezogen wird. Zugleich gilt eine Kappungsgrenze: Die Monatsmiete soll sich durch eine neue Heizung nicht um mehr als 50 Cent je Quadratmeter Wohnfläche erhöhen dürfen. Kommen weitere Modernisierungsmaßnahmen hinzu, können es wie bisher zwei bis drei Euro werden.
Was steht im Gesetz noch drin?
Unter anderem sieht das Heizungsgesetz eine Beratungspflicht vor. Sie greift dann, wenn neue Heizungen eingebaut werden sollen, die mit festen, flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen betrieben werden. Die Beratung soll auf mögliche Auswirkungen der Wärmeplanung sowie eine eventuelle Unwirtschaftlichkeit hinweisen, insbesondere aufgrund steigender CO2-Preise.
Wie lange darf noch mit fossilen Brennstoffen geheizt werden?
Laut Heizungsgesetz bis zum 31. Dezember 2044. Ab 2045 dürfen Gebäude dann nur noch klimaneutral mit erneuerbaren Energien geheizt werden.
Was empfehlen Energieberater Hausbesitzern als beste Heizungsart?
Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen rät ganz allgemein zu umweltfreundlichem Heizen mit erneuerbaren Energien. Ein Wechsel zahle sich wegen “attraktiver Förderprogramme” oft schnell aus. Außerdem machten die CO2-Abgabe und die gestiegenen Brennstoffpreise das Heizen mit fossilen Energien jedes Jahr deutlich teurer.