Auch Österreich benötigt Fachkräfte aus dem Ausland. Doch die schauen sich lieber anderswo nach einem Arbeitsplatz um, wie die österreichische Industrie erklärt. Denn das Land genießt vor allem dank der rechten FPÖ ein “migrationskritisches Image”.
Österreich leidet im Wettbewerb um ausländische Fachkräfte nach Einschätzung der Industriellenvereinigung (IV) unter seinem migrationskritischen Image. Der Auftritt des Landes, der auch durch das von der rechten FPÖ strapazierte Schlagwort “Festung Österreich” geprägt sei, spreche sich herum, sagt IV-Chef Georg Knill dem Verband der Auslandspresse. “Das spüren wir, das merken wir.” Die Politik habe es versäumt, zwischen der allseits abgelehnten illegalen Migration und dem vielfach erwünschten Zuzug von Fachkräften klar zu unterscheiden. “Es findet keine Differenzierung in der öffentlichen Diskussion statt”, so Knill weiter.
Erst vor kurzem hatte eine repräsentative Umfrage ergeben, dass unter anderem auch antisemitische Mythen in Österreich weit verbreitet sind. Von 2000 Befragten gaben 36 Prozent die Aussage an, dass Juden die internationale Geschäftswelt beherrschen. Ein ebenso großer Teil fand, dass Juden versuchen würden, Vorteile aus ihrer Verfolgung im Holocaust zu ziehen.
“Fatale Signalwirkung”
Weitere wirtschaftliche Nachteile drohen Österreich nach Angaben von IV-Chef Knill zudem durch das absehbare erneute Nein des Landes zum angestrebten Handelspakt der EU mit dem südamerikanischen Staatenbund MERCOSUR. “Das hat eine fatale Signalwirkung nach innen und nach außen.” Der Handelspakt wäre nicht zuletzt wichtig wegen der Möglichkeit, dort einen Zugriff auf die bisher vor allem von China gelieferten Seltenen Erden zu haben. Aber der Widerstand des Agrarsektors und der Klimaschützer sei wohl zu stark für ein Umdenken, sagte Knill mit Blick auf die Koalition von konservativer ÖVP und Grünen.
Schon 2019 hatte Österreich sein Veto gegen den Handelspakt eingelegt. Die EU verhandelt seit 1999 mit Argentinien, Paraguay, Uruguay und Brasilien, die zu MERCOSUR gehören. Mit dem Pakt würde eine der größten Freihandelszonen der Welt mit mehr als 700 Millionen Menschen entstehen. Umweltschützer und Menschenrechtler warnen vor Ausbeutung und Umweltzerstörung durch das Abkommen. In Deutschland sieht Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) die Interessen deutscher Landwirte beim Freihandelsabkommen ausreichend berücksichtigt. Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sieht eine Chance auf einen Abschluss des Abkommens.