Einfach mal den Alltag hinter sich lassen, das wünschen sich viele Menschen. Eine Möglichkeit für eine Auszeit bieten Klöster. So auch die Benediktinerinnenabtei auf Burg Dinklage. Hier können Gäste beten, den Nonnen bei der täglichen Arbeit helfen, Ruhe finden oder einfach nur schweigen.
Wer sich im Jahresrhythmus für einige Tage eine bewusste Pause gönnen möchte, geht gern zur Fastenzeit in ein Kloster. Hier suchen Gäste Abstand vom Alltag. Einer dieser Sehnsuchtsorte ist die Abtei St. Scholastika der Benediktinerinnen auf der Klosterburg Dinklage im Osnabrücker Münsterland.
“Klöster faszinieren mich schon immer”, sagt Michael, ein Gast vom Bodensee, beim Mittagessen hinter den Mauern des Frauenklosters gegenüber ntv.de. Wie eigentlich alle Gäste, die auf der mittelalterlichen Wasserburg oder im jenseits des Burggrabens befindlichen Gästehaus wohnen, wünscht sich der Mittfünfziger im Kloster vor allem eines: Ruhe.
Die Gäste sind eingeladen, an den Stundengebeten der Nonnen teilzunehmen.
(Foto: Rocco Thiede)
“Wir, die Benediktinerinnen der Abtei St. Scholastika, Burg Dinklage sind eine Gemeinschaft von Frauen, die ihr Leben als einen Weg der Nachfolge Jesu Christi in Kirche und Welt gehen wollen. Die Regel des Hl. Benedikt ist uns Richtschnur und Wegweisung in unserem Bemühen, dieses Leben aus der Heiligen Schrift im Hier und Heute zu gestalten.” Dieses Statement ist auf den Internetseiten der Nonnen zu lesen. Und die sprichwörtliche benediktinische Gastfreundschaft lässt sich im Kloster uneingeschränkt erfahren. Aber seit Corona hat sich auch einiges verändert.
Die Stundengebete von 5.45 Uhr am Morgen bis 20.30 Uhr am Abend finden wie eh und je statt. Nur eine tägliche Heilige Messe gibt es nicht mehr. Zweimal in der Woche, sonntags und am Donnerstagabend, wird Eucharistie gefeiert. “Wie überall in Deutschland fehlen auch bei uns die Priester. Es mangelt an Nachwuchs”, stellt Schwester Carola nüchtern fest. Da hätten es ihre Schwestern im brandenburgischen Alexanderdorf, dem Mutterkloster von Dinklage, schon besser. Dort hat sich vor einiger Zeit ein Pfarrer im Ruhestand als Hausgeistlicher niedergelassen, sodass die Nonnen wie seit Jahrzehnten einmal am Tag eine Heilige Messe feiern können.
“Ora et Labora”
Nicht wenige Gäste kommen in der Fastenzeit für Schweigeexerzitien nach Dinklage. Selbst beim gemeinsamen Essen wird nicht gesprochen. Ein Austausch – oft mit einer Nonne – findet nur während einer bestimmten Zeit am Tag statt. Diese Gäste nach ihrer Motivation für ihren Aufenthalt zu fragen, ist während des Klosterbesuches nicht möglich, da sie in einem eigenen Raum ihre Speisen in Stille einnehmen.
Das Motto der Benediktiner – ob Mönche oder Nonnen – ist seit dem 6. Jahrhundert, als der Heilige Benedikt die bis heute gültige Klosterregel aufstellte, unverändert: “Ora et Labora”, also bete und arbeite. Die Gäste dürfen die gesungenen Stundengebete gern aktiv mit ihrer Stimme begleiten. Auch bei der Arbeit ist ihre Unterstützung willkommen: etwa beim Reinigen und Putzen der Zimmer, im Garten oder bei kleineren handwerklichen Arbeiten. Die meisten Gäste aber kommen ins Kloster, um sich eine Auszeit zu nehmen, leise für sich zu beten und die besondere Atmosphäre hinter den Klostermauern zu genießen.
“Nonnen sind Menschen wie du und ich”
“Dank des klaren Ablaufs und der festen Gebets- und Essenszeiten hat für mich jeder Tag eine Struktur, und so kann ich hier sehr konzentriert arbeiten. Außerdem muss ich mich nicht um tägliche Dinge wie den Haushalt oder Einkauf kümmern und finde neben der Ruhe auch reichlich Inspiration für meine wissenschaftliche Arbeit”, bilanziert Michael, der als Gastdozent an der Uni Osnabrück tätig ist, seinen Klosteraufenthalt. Zudem würden ihm die gelegentlichen Gespräche mit den Ordensfrauen später im Alltag helfen.
“Nonnen sind eigentlich auch Menschen wie du und ich. Alle haben irgendwann mal einen Beruf gelernt und hatten ein Leben vor dem Kloster”, stellt eine evangelische Christin aus Oldenburg fest. Hinter dem großen blau-grauen Klostertor sei sie den Ordensfrauen auch menschlich nähergekommen. “Sie sind gar nicht so unnahbar, wie es im ersten Moment scheint.”
Kloster Burg Dinklage liegt in einem morastigen, feuchten Waldgebiet, nicht untypisch für diese norddeutsche Region des Osnabrücker Landes. Wie der Name schon verrät, ist es kein Kloster im ursprünglichen Sinne, sondern ein Kloster auf einer mittelalterlichen Wasserburg. Die sogenannte “Urburg” wird 980 erstmals erwähnt.
Am 16. März 1878 wird auf der Burg Clemens August Graf von Galen geboren und 1933 zum Bischof von Münster geweiht. Als der “Löwe von Münster” geht er wegen seiner Predigten gegen die Beseitigung des sogenannten “lebensunwerten Lebens” und andere Menschenrechtsverletzungen des NS-Regimes in die Geschichte des 20. Jahrhunderts ein. Kurz nach seiner Ernennung zum Kardinal stirbt er am 22. März 1946. Viele Tagesgäste kämen deswegen, “weil sie den Geburtsort des seligen Kardinal von Galen einmal besuchen wollen”, erklärt Schwester Johanna.
Dreiklang aus Besinnung, Natur und Abstinenz
Viele der Gäste, die mehrere Tage bleiben, nutzen den Dreiklang aus Besinnung, Natur und Abstinenz im Kloster, um ganz bewusst Abstand vom Alltag zu bekommen. Und sie sind dabei froh, “auch vom Digitalen wegzukommen – einmal ganz ohne Laptop und Handy zu leben”. Das geht hier gut, denn die dicken Mauern lassen kaum Funkwellen durch. Auf WLAN haben die Nonnen innerhalb ihrer Klostermauern in den Gästezimmern bewusst verzichtet.
Und wer einmal auf der Klosterburg Dinklage war, kommt offenbar gern immer wieder. Bei der Abreise berichten Gäste aus Bremen, dass sie schon für das kommende Jahr Zimmer reserviert hätten. Ein Ausbau des Gästeangebotes sei aber nicht geplant, erklärt Gastschwester Lydia. Seit der Corona-Pandemie habe man bewusst auf eine Erweiterung des Gästetrakts verzichtet. Lieber lasse man mal ein Zimmer frei, denn Arbeit ist auch für die Nonnen nicht alles: “Das Gebet steht für uns an erster Stelle.”