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Alkoholwerbung erhöht Risiko für Sucht

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Ist es in Ordnung, alkoholische Getränke zu bewerben? In dieser Frage scheiden sich die Geister. Die Bundesärztekammer fordert ein Werbeverbot für Alkohol. Doch Alkoholhersteller müssen das wohl kaum befürchten.

Freunde schauen gemeinsam Fußball und trinken dabei Bier, ein attraktives Pärchen schaut sich verliebt mit einem Glas Champagner in der Hand an, eine feuchtfröhliche Party wird mit Cocktails gefeiert: In der Werbung für Alkohol soll vor allem Leichtigkeit vermittelt werden. Mit Alkohol hat man ihr zufolge mehr Spaß, bessere Laune, gute Freunde, ist attraktiver und erlebt ein neues Freiheitsgefühl.

Doch bei Alkohol handelt es sich um eine stark süchtig machende Droge, die laut dem Gesundheitsministerium jährlich 74.000 Todesfälle und 57 Milliarden Euro Krankheitskosten verursacht. Laut der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen zufolge sind 1,6 Millionen Menschen in Deutschland im Alter zwischen 18 und 64 Jahren alkoholabhängig. 7,9 Millionen trinken ihr zufolge riskant und sind somit stark gefährdet, eine Suchterkrankung zu entwickeln.

Werbung für Alkohol beeinflusst Kinder und Jugendliche

Aber ist Alkoholwerbung wirklich so problematisch? Die Projektleiterin der Fachstelle für Suchtprävention in Berlin, Christina Schadt, erklärt im Interview mit ntv.de: “Studien zufolge steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Jugendliche und Erwachsene mehr trinken, je höher die Intensität von Alkoholwerbung ist”. Schadt zufolge steigt auch das Risiko für die Entwicklung eines riskanten und sogar suchthaften Trinkverhaltens durch die ständige Präsenz von Alkoholwerbung.

Laut Gesetzgeber darf sich Alkoholwerbung nicht an Kinder und Jugendliche richten. Zudem gibt es in deutschen Kinos ein Werbeverbot für Alkohol vor 18 Uhr. Das ist Schadt zufolge allerdings absolut unzureichend: “Kinder und Jugendliche identifizieren sich nicht nur mit Werbung, wenn sie explizit damit angesprochen werden. Zudem ist eine solche Werbung sichtbar auf Plakaten, Leinwänden und im Fernsehen. Ein Verbot von Alkoholwerbung hat aus Präventionssicht daher absolut Sinn”, sagt die Suchtexpertin.

Natürlich ist Alkoholwerbung bei Weitem nicht der einzige fördernde Faktor für ein problematisches Trinkverhalten. Allerdings trägt sie zu einem positiveren Bild bei, das vermittelt wird: “Junge Menschen haben Entwicklungsaufgaben in der Pubertät. Sie sind oft unsicher und dabei, ihre eigene Identität zu finden. Die Werbung spielt in das Bedürfnis hinein, den eigenen Weg zu finden und das kann problematisch werden”, sagt Schadt. In der Prävention wird der Suchtexpertin zufolge daher Wert darauf gelegt, dass Jugendliche die positive Darstellung von Alkohol in der Werbung aktiv hinterfragen.

Politik trifft Alkohollobby

Die Bundesärztekammer fordert ein generelles Verbot von Alkoholwerbung. Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) setzt sich in einem im Dezember 2021 veröffentlichten Bericht dafür ein, die Vermarktung von Alkohol online insbesondere zum Schutz von Kindern und Jugendlichen deutlich zu beschränken. Schadt geht sogar noch einen Schritt weiter: “Wir wissen, dass es ein ganzes Bündel an Maßnahmen braucht, um die Gesundheitsrisiken von Alkohol einzudämmen”, sagt sie. Eine Preiserhöhung und auch mehr Maßnahmen zur Verhaltensprävention seien absolut notwendig: “Menschen müssen lernen, was die Risiken von Alkohol sind und wie Alkohol sich auf deren Leben auswirkt. Nur so können sie verantwortungsvoller mit Alkohol umgehen”, erklärt Schadt.

Doch ein Verbot von Alkoholwerbung scheint in der Politik aktuell gar nicht zur Debatte zu stehen. Das liegt einerseits an dem starken gesellschaftlichen Stellenwert, den Alkohol in Deutschland hat, andererseits aber auch an der engen Verbindung zwischen Politik und den Herstellern alkoholischer Getränke: “In der 19. Legislaturperiode haben 25 Treffen zwischen Vertretern der Alkohollobby und der Bundesregierung stattgefunden. Davor waren es über 100 Kontakte und Veranstaltungen. Themen wie Einschränkungen bei der Werbung spielen da den Berichten nach keine Rolle”, sagt Schadt.

Mehrheit für Verbot von Alkoholwerbung

Allerdings gibt es auch in der Politik Stimmen, die sich gegen eine übermäßige Werbung für Alkohol aussprechen. Dazu gehört der Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert von der SPD: “Die Überpräsenz von Großflächenwerbung für Alkohol, für Tabak und E-Zigaretten an Kiosk und Tankstelle sowie für Glücksspiel im Fernsehen ist eine Großbaustelle der deutschen Verbraucherschutz-, Jugend- und Gesundheitspolitik”, sagte er zum Auftakt seiner neuen Veranstaltungsreihe “Debatte (ge)SUCHT”. Eine Umfrage im Auftrag des Politikers zeigt zudem, dass auch die Mehrheit der Bevölkerung für ein Verbot von Alkoholwerbung ist. So sprachen sich 59 Prozent für ein Werbeverbot für Bier, Wein und Schnaps aus. 76 Prozent der Befragten befürworteten zudem besondere Kennzeichnungspflichten für alkoholische Getränke.

Der Zentralverband der Deutschen Werbewirtschaft hält die bisherigen Einschränkungen, was die Werbung für Alkohol betrifft, für ausreichend. Weitere Verschärfungen seien nicht notwendig. Man befürchtet eher mit der Legalisierung von Cannabis eine Verschärfung der Einschränkungen für Alkoholwerbung, da Cannabis und Nikotin eng miteinander verknüpft sind. Es könnte daher – so die Befürchtung – im Verlauf zu gleichen Werbevorschriften für Alkohol, Nikotin und Cannabis kommen. Auf der Website heißt es dazu: “Die Produkte Cannabis und Alkohol und insbesondere der gelernte gesellschaftliche Umgang mit ihnen sind nicht vergleichbar. Entsprechend dürfen mögliche Werbebeschränkungen für Cannabisprodukte nicht zu Verschärfungen der Vorschriften für die Werbung für alkoholhaltige Getränke führen”. Aus Präventionssicht aber wäre aber genau das notwendig, um die gesundheitsschädlichen und ökonomischen negativen Folgen von Alkohol und anderen Drogen möglichst gering zu halten.

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