Auch wenn die anderen Hersteller aufholen, lassen sich die Tesla-Modelle nur schwer von den vorderen Plätzen der hiesigen Zulassungsstatistiken verdrängen. ntv.de war mit dem praktischen und zugleich schnellen Model Y Performance unterwegs
Wissen Sie eigentlich, was Tesla-Fighter sind? Nie gehört? So nennen Insider der hiesigen Automobilindustrie mehr oder weniger scherzhaft (der Scherzgrad variiert je nach Erfolg) die Modelle, die Tesla das Fürchten lehren sollen. Dennoch hat noch keine deutsche Marke geschafft, hierzulande mehr Elektroautos abzusetzen als Tesla. Gut, jetzt darf man natürlich zu Recht auch daran zweifeln, ob das so ein gewichtiges Qualitätsmerkmal ist. Aber dennoch, der Marke ist es gelungen, einen gewissen Nimbus zu erlangen, gegen den man offenbar so schnell nicht ankommt.
Wem schwarzer Lack und schwarze Felgen zu viel des Guten sind, darf auch etwas farbenfroher unterwegs sein. Viel Auswahl bei den Lacken bietet der Konfigurator für Tesla allerdings nicht.
(Foto: Patrick Broich)
Aber warum? Tesla war immerhin die erste Newcomer-Automarke mit rein elektrisch angetriebenen Modellen, die gleich die Ladeinfrastruktur mitgeliefert hat. Auf diese Weise haben die US-Amerikaner die Elektromobilität quasi alltagstauglich gemacht. Und keine Frage, das Supercharger-Netz ist selbst heute noch fein dank permanenten Wachstums (Tesla verspricht, dass weltweit sechs Stationen pro Woche hinzukommen). Allerdings stehen die Tesla-Supercharger in der Regel nur an Schlüsselstandorten entlang diverser Fernrouten und gehen nicht in die Tiefe, sind also nicht überall auf dem Land vertreten im Gegensatz zum allgemeinen Schnellladenetz, das derzeit ebenso dynamisch wächst.
Aber das nur am Rande, schließlich soll ja das Fahrzeug bewertet werden. Tesla hat eine exzellente Marketingabteilung und es dank des Personenkults um Elon Musk geschafft, weitgehend auf Werbung verzichten zu können. Chapeau!
Teslas Modelle haben einzigartigen Produktvorteil
Aber strahlt Tesla immer noch, wenn man die Produkte einmal genauer unter die Lupe nimmt? Sagen wir mal so, es kommt darauf an. Tesla hat zumindest den einzigartigen Produktvorteil, besonders performancelastige Fahrzeuge in – sagen wir mal – bürgerlichen Segmenten zu bauen. Das Model Y ist das beste Beispiel. Welche Marke bietet schon ein SUV in der Mittelklasse, das 250 km/h in der Spitze macht? Nicht, dass diese Fähigkeit ständig genutzt würde, aber es ist ein Signal: an die Autofans. Doch Grund genug, um Scharen für Tesla-Modelle zu gewinnen? Wohl kaum.

Eine deutlich sichtbare Abrisskante bürgt für vollen Abtrieb auch bei hohen Geschwindigkeiten.
(Foto: Patrick Broich)
Nein, es scheint die Mischung zu sein aus dem Bekanntheitsgrad, die die Marke inzwischen erlangt hat, und der Qualität der Produkte. Das von ntv.de gefahrene Model Y kommt aus der Gigafactory in Grünheide (Brandenburg) und macht einen recht soliden Eindruck. Tesla-Modelle sind am Ende eben US-Cars, da darf ruhig mal etwas wackeln oder knarzen. Tut es aber nicht einmal.
Klar, die Innenarchitektur gewinnt jetzt keine Ästhetikpreise. Und das bisschen Holzoptik kann den Eindruck der mit viel Hartplastik ummantelten Lenksäule kaum überkompensieren. Doch egal, das Model Y wirkt keineswegs billig in der Gesamtbetrachtung. Und was die Human-Machine-Schnittstelle angeht: gut gelöst! Bedienungsanleitung gefällig? Vergiss es, brauchst du nicht. Gib’ einem neuen User ein halbes Stündchen und er fliegt geschwind durch die Menüs, klappt wirklich intuitiv. Ob man den zentralen Riesentouchscreen (15 Zoll) jetzt mag oder nicht, steht auf einem ganz anderen Blatt.
Das Model Y performt verdammt gut

Clean, schlicht und gar nicht schlecht verarbeitet: Das geräumige Cockpit des Tesla Model Y ist durchaus attraktiv.
(Foto: Patrick Broich)
Doch noch weitaus interessanter: Wie fährt das Model Y Performance? Bis auf das jüngste Modell, dem Model S Plaidt, macht Tesla ja immer ein Geheimnis um die Specs. Also muss man Sekundärquellen durchforsten, um hinter Leistung und Drehmoment des stärksten “Y” zu kommen. Es sind dann doch ziemlich wuchtige 534 Pferdchen und 660 Newtonmeter Drehmoment – kein Wunder, dass zwei Motoren (und auch entsprechend viele angetriebene Achsen) obligatorisch sind. Entsprechend verzögerungsfrei katapultiert das SUV seine Passagiere auf Tempo und soll die 100 km/h-Grenze binnen 3,7 Sekunden durchbrechen. Absolut glaubhaft.
Doch da man nicht ständig die Nackenmuskulatur seiner Mitfahrer derart strapazieren kann (das gibt mächtig Ärger), richten sich die Sinne schnell darauf, wie der mit 21-Zoll-Rädern ausgestattete Stromer abrollt. Einen Tick zu straff für ein großes Reisevehikel, das ja jetzt auch keine nennenswerte Kurvenkompetenz hat. Der extreme Niederquerschnitt (35er-Serie) gibt der Federung eben auch mächtig zu tun – Bodenwellen schlagen bei einer solchen Bereifung deutlicher durch. Dafür sehen die schwarzen Alus eben schick aus. Und – wer schön sein will, Sie kennen das.

Ja, die Sitze könnten etwas mehr Kontur haben. Aber Platzmangel herrscht selbst im Fond des Model Y nun wirklich nicht.
(Foto: Patrick Broich)
Die Performance-Variante kauert etwas tiefer als die übrigen Modelle, was sich auf den Schwerpunkt und damit ebenso auf die Fahrdynamik auswirkt. Ein Kurvenräuber wird aus dem Y trotz des 75 kWh großen Akkus im Unterboden nicht, aber ein ganz ordentlicher Autobahnjäger, der wirklich nur oberhalb von 200 km/h ein wenig nervöser wird. Dann lässt übrigens auch der Vortrieb spürbar nach. Man braucht schon eine sehr lange Gerade, um die Topspeed von 250 Sachen zu erreichen.
Das geht aber in Ordnung, denn ein SUV ist eben kein Racer und derartige Tempi dürften eher selten abgerufen werden. Der Punkt ist: Die allermeisten batterieelektrischen Fahrzeuge verfügen nicht über Wechselgetriebe, sondern erreichen jeden Geschwindigkeitsbereich mit einer einzigen Übersetzung. Das hat zur Folge, dass die Elektromaschinen irgendwann ihr Drehmoment-Plateau verlassen und demnach schwächeln.
Platz und Effizienz sind die Stärken des Model Y

Das macht dem Model Y so schnell keiner nach: Mit einem Kofferraumvolumen von knapp 2200 Litern dürfte der Mittelklässler das Segment anführen.
(Foto: Patrick Broich)
Und sonst? Das Model Y verwöhnt mit großzügigen Platzverhältnissen und dank des obligatorischen Panoramadachs mit einem lichtdurchfluteten Innenraum. Insofern ist dieser Tesla ein ganz feines Reiseauto. Und schon stellt sich die Frage nach der Ladeperformance – 250 Kilowatt sollen möglich sein, allerdings flacht die Ladekurve bereits nach zehn Minuten merklich ab. Dafür glänzt der doppelmotorige Tesla mit einem recht ambitionierten Verbrauch von gerade einmal 17,1 kWh in der kombinierten Disziplin. Hinten kommt ein maximal effizienter, permanenterregter Synchronmotor zum Einsatz, vorn dagegen eine nicht ganz so effiziente Asynchron-Elektromaschine (fremderregt).
Dennoch ist das Duo geschickt gewählt, denn reduziert man die Last, kann das vordere Aggregat im abgeschalteten Zustand einfach ohne Widerstand mitlaufen und erzeugt keine kräftezehrenden Schleppmomente wie eine permanenterregte Maschine. Warum man in der Praxis auch gern mal deutlich jenseits der 20 kWh landet? Weil es einfach unglaublich viel Spaß macht, den Zweitonner unter voller Power beschleunigen zu lassen.

Der Frunk bei elektrisch angetriebenen Fahrzeugen ist ein Gag, weil eben dort Platz herrscht, wo sonst der dicke Verbrenner sitzt – also unter der Haube. Viel Platz ist in diesem Fach in der Regel aber nicht.
(Foto: Patrick Broich)
Stichwort Reiseplanung: Hier muss man wirklich eine Lanze brechen für das simpel handhabbare Lademanagement. Einfach das Ziel eingeben und der Bordcomputer rechnet exakt aus, an welchem Supercharger ein Halt erfolgen sollte – sogar mit der recht exakt prognostizierten Restreichweite. Ist man zu schnell unterwegs, mahnt der Rechner, dass man die Geschwindigkeit (der genaue Wert variiert) reduzieren sollte, wenn man den nächsten Supercharger noch erreichen möchte. Das ist vor allem für Neulinge der Elektromobilität charmant, die noch nicht so vertraut sind mit dem Ladenetzwerk. Die werksangegebenen 514 Kilometer Reichweite kann man übrigens durchaus schaffen, allerdings lediglich bei zurückhaltendem Umgang mit dem rechten Pedal.

Dank doppeltem Kofferraumboden lässt sich das Ladeequipment perfekt verstauen.
(Foto: Patrick Broich)
Darüber hinaus ist das Model Y ein praktisch veranlagter Geselle mit 1600 Kilogramm Anhängelast. In diesem Fall wird ein Aufpreis von 1350 Euro fällig. Auch das Gepäckraumvolumen von bis zu 2158 Litern ist ziemlich eindrucksvoll für ein Auto, dessen Abmessungen gar nicht mal so ausladend sind. Seine Länge von 4,75 Metern lässt den Fahrer bei der Parkplatzsuche nicht verzweifeln. Dafür ist die Breite mit 1,92 Metern proper und kann in engen Baustellen für schwitzige Hände sorgen.
Eher beruhigend ist dafür der Kaufpreis des Model Y – zumal Elon Musk es wieder in die Wirtschaftsmedien geschafft hat mit plötzlichen, unerwarteten Preissenkungen. Die Website spricht nun von 64.990 Euro für die Performance-Version des Y. Und nicht vergessen: Es winken ja auch noch 4500 Euro Förderung. Das ist dann zwar insgesamt kein günstiges Unterfangen, aber nirgends gibt es zu einem solchen Kurs dieses Maß an Nutzwert und Performance gleichermaßen, da kann man von Tesla halten, was man will. Sparen kann sich der Kunde übrigens getrost die bis zu 7500 Euro teuren Packages für das assistierte Fahren. Denn erstens ist das mit der Fahrautonomie ohnehin noch Zukunftsmusik und funktioniert auf der Straße noch nicht wirklich gut. Zweitens ist das Model Y Performance sowieso ein fahraktives Auto.
Datenblatt |
Tesla Model Y Performance |
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe) |
4,75 / 1,92 / 1,62 m |
Radstand |
2,89 m |
Leergewicht (DIN) |
1995 kg |
Sitzplätze |
5 |
Ladevolumen |
854 bis 2158 plus 177 Liter (Frunk) |
Motorart |
Vorn: Asynchronmotor, fremderregt; hinten: Synchronmotor, permanenterregt |
Getriebe |
Eine Übersetzung, fest |
Systemleistung |
534 PS (393 kW) |
Antrieb | Allradantrieb |
max. Drehmoment |
660 Nm |
Beschleunigung 0-100 km/h |
3,7 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit |
250 km/h |
Akkukapazität |
75 kWh (netto) |
Maximale Ladeleistung (Gleichstrom) |
250 kW |
Ladeleistung (Wechselstrom) |
11 kW |
Verbrauch (kombiniert) |
17,3 kWh/100 km (WLTP) |
kombinierte WLTP-Reichweite |
514 Kilometer |
CO₂-Emission kombiniert |
0 g/km |
Grundpreis |
Ab 64.990 Euro |
Fazit: Tesla-Modelle sind nach wie vor erfolgreich, obwohl es an Wettbewerb keineswegs mangelt. Bei genauem Hinsehen stellt man allerdings fest, dass kein Wettbewerber bieten kann, was Tesla eben bietet. Im Falle des Model Y Performance jedenfalls ein nutzwertiges SUV mit Fahrleistungen, die in diesem Segment ihresgleichen suchen. Selbiges gilt auch für das Ladevolumen. Außerdem sind Fahrwerk und Verarbeitung recht ansprechend.