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Erste Fahrt mit starkem Hyundai Kona EV – elektrisiert er?

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Der neue Hyundai Kona fällt erwachsen aus und stylischer als das alte Modell. Die Koreaner rechnen damit, deutlich mehr rein elektrisch angetriebene Versionen zu verkaufen.

Man könnte glatt den Eindruck gewinnen, Hyundai möchte von der zweiten Generation des Kona keine Varianten mit Verbrenner mehr verkaufen. Bei der Fahrvorstellung in Tschechien waren demnach auch keine entsprechenden Exemplare abzugreifen. Schade eigentlich, denn es gibt solch ein reichhaltiges Motorenprogramm für den kleinen Alleskönner.

In der Seitenansicht fallen die geometrisch angehauchten Sicken ins Auge. Als langweilig kann man den Kona jedenfalls nicht bezeichnen.

(Foto: Patrick Broich)

Jetzt hat Hyundai natürlich ein ausgezeichnetes Argument – denn das batterieelektrische Modell wird im tschechischen Nošovice gebaut und ist schnell am Drücker, während die Ausführungen mit Benzinmotor unter der Haube aus Korea stammen und womöglich noch in Bremerhaven darauf warten, endlich abgefertigt zu werden.

Nun gut, mit dem Stromer unterwegs zu sein, ist ja auch völlig in Ordnung, zumal elektrische Antriebe von der angenehmen Sorte sind, da leise und kräftig. Hier und heute sogar sehr kräftig, denn Hyundai hat ausschließlich seine starke Version mit stattlichem 65,4-kWh-Akku dabei. Die ist ziemlich fit mit 218 PS und 255 Newtonmetern Drehmoment. So fit, dass kräftiges Beschleunigen ordentlich am zerrenden Lenkrad des Fronttrieblers spürbar ist – naturgemäß mehr als bei der Basis. Gibt man jedoch aus höheren Tempi heraus volle Last auf die Pneus, verschwinden die Lenkeinflüsse wieder.

Feine Innenarchitektur

Curved Display, physische Schalter und viele USB-Anschlüsse - also alles, was Digital Natives und Menschen mit Sinn für Ästhetik glücklich macht.

Curved Display, physische Schalter und viele USB-Anschlüsse – also alles, was Digital Natives und Menschen mit Sinn für Ästhetik glücklich macht.

(Foto: Hyundai)

Doch bevor ich jetzt meine Fahreindrücke ausführlich beschreibe, halte ich einen Moment inne, werfe einen Blick auf das betont vornehme Interieur mit seinem riesigen, edel gebogenen Display. Das ist nicht nur architektonisch gelungen, wie ich finde, sondern zeigt, dass sich zwei gegensätzlich scheinende Welten doch wunderbar kombinieren lassen. Nämlich die Welt des Touchens und die Welt des gepflegten Klickens. Die Rede ist von jenem Klicken, wenn eine physische Taste betätigt wird oder eben ein Drehregler. Vor allem klassische Tasten gibt es im Kona-Interieur wirklich unzählige, was ich persönlich schön finde. Touchen kann man selbstverständlich auch – nämlich auf der rechten Seite des großen Screens, der einen beträchtlichen Teil der Armaturen einnimmt. Und viele Geräte wie Smartphone oder Tablet laden dank jeder Menge USB-Ports.

Aber wie das so ist, auf jeden heiteren folgt auch ein bewölkter Himmel: Ein Shortcut gerne per physischer Taste für das Ausschalten besonders nerviger Assistenten wie dem Tempolimit-Alarm wäre fein gewesen. Gestattet Euro-NCAP vielleicht nicht, wenn man die volle Punktezahl haben möchte? Könnte sein. Aber auf den ersten schnellen Blick scheint es so zu sein, dass man sich erst ganz schön tief durch die Menüs wühlen muss, um den besagten Tempoalarm auszuschalten. Das löst mancher Wettbewerber cleverer. Diverse Spurhalte-Funktionen können immerhin per Lenkradtaste stufenweise deaktiviert werden, was löblich ist.

Kona ist wie alle Hyundai-EV-Modelle eine Effizienzbestie

Auf der Fondsitzbank dürfen es sich die Passagiere gut gehen lassen. Die Beinfreiheit fällt fürstlich aus.

Auf der Fondsitzbank dürfen es sich die Passagiere gut gehen lassen. Die Beinfreiheit fällt fürstlich aus.

(Foto: Hyundai)

Zurück zum Fahrbetrieb. Hier spielt der Kona mit der großen Batterie seine Vorzüge in allen Lebenslagen aus. Insbesondere auf Schnellstraßen und Autobahnen macht sich die starke Maschine (7,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h und 172 km/h Topspeed) bezahlt, wenn man kurzerhand beispielsweise einen langsamen Laster an einer Steigung überholen möchte. Fahrwerksseitig gibt der 1,9-Tonner den tourigen Gesellen, federt schlechten Straßenbelag gekonnt weg, was wiederum mit den komfortablen Sitzen korrespondiert, die gegen einen Tausender Aufpreis sogar belüftet sind.

Bitte nicht vergessen: Mit einer Länge von 4,36 Metern rangiert der Kona formal auf Kleinwagen-Level. Er wirkt jedoch ganz und gar nicht so, im Gegenteil. Gutes Packaging sorgt für vorzügliche Platzverhältnisse. Und auch die zweite Reihe eignet sich als vollwertige Gelegenheit, selbst lange Strecken fröhlich abzuspulen.

Um die LED-Scheinwerfer zu erkennen, muss man schon genau hinsehen. Ihre Projektionslinsen stecken im seitlichen Bereich der Frontschürze.

Um die LED-Scheinwerfer zu erkennen, muss man schon genau hinsehen. Ihre Projektionslinsen stecken im seitlichen Bereich der Frontschürze.

(Foto: Patrick Broich)

Andererseits muss man auch sagen, dass der Stromer selbstbewusst eingepreist ist. Mit 41.900 Euro ist die 156 PS starke Basisversion gar nicht weit vom Ioniq5-Grundmodell (43.900 Euro) entfernt. Und das bietet immerhin ein 800-Volt-Bordnetz, glänzt mit einer Peak-Ladeleistung von 180 Kilowatt. Um es einmal in Zeit auszudrücken: Sämtlichen Ioniq5-Modellen gibt der Hersteller lediglich 18 Minuten für die Ladung von 10 auf 80 Prozent State of Charge, während beide Kona-Modelle laut Hyundai 41 Minuten für diese Übung benötigen. Wie dem auch sei, jeder Autofahrer muss für sich selbst entscheiden, wie er sein persönliches Lademanagement handhabt.

Vielleicht möchte Hyundai die Batterien der Kona-Modelle nicht zu arg strapazieren. Schließlich gibt es generöserweise acht Jahre Garantie explizit auch auf den Akku. Das ist doch ein Wort. Sehr reisetauglich fällt auch die kombinierte WLTP-Reichweite zumindest für den Kona mit großer Batterie aus. Sie liegt bei 514 Kilometern. Dazu trägt auch der effiziente Stromverbrauch seinen Teil bei – eine Hyundai-Spezialität. Über 14,7 kWh in der gemittelten WLTP-Disziplin kann man nicht motzen.

Dann muss man sich aber mit 17-Zoll-Felgen begnügen. Die optisch sportiven 19-Zöller kosten rund zwei Kilowattstunden je 100 Kilometer. Darüber hinaus vorteilhaft ist der vorn angebrachte Ladeanschluss. Damit kann man an jeder noch so verbauten oder mit anderen Fahrzeugen ungünstig zugeparkten Säule bequem laden.

Reichhaltiges Motorenprogramm für EV-Gegner

Und wenn man gar nicht rein elektrisch fahren möchte? Dann stehen zu Preisen zwischen 26.900 und 39.350 Euro zwei verschiedene Benziner und ein Benzin-Hybrid zur Wahl. Dabei handelt es sich erstens um einen 120 PS starken Einliter-Dreizylinder, der seine Kraft entweder an ein manuelles Schalt- oder siebenstufiges Automatikgetriebe (Doppelkupplung) leitet. Sowie zweitens um einen 1,6 Liter großen Vierzylinder mit 198 PS und Siebengangautomatik sowie wahlweise Allradantrieb. Drittens gibt es einen Hybrid, der nicht extern aufladbar ist und 141 PS Systemleistung mobilisiert. Der Verbrenner steuert 105 PS bei, während die Elektromaschine 44 PS generiert. Nicht wundern – addieren lassen sich diese Leistungswerte nicht, weil nicht beide Aggregate gleichzeitig die volle Power abgeben können.

Dass der Hyundai Kona jetzt kein Transportweltmeister ist, war klar. Aber 1300 Liter Gepäckraumvolumen bei umgeklappter Rücksitzbank gehen schon in Ordnung.

Dass der Hyundai Kona jetzt kein Transportweltmeister ist, war klar. Aber 1300 Liter Gepäckraumvolumen bei umgeklappter Rücksitzbank gehen schon in Ordnung.

(Foto: Hyundai)

Am Ende muss man sagen, dass der Kona wohl zu den besonders erwachsenen Kleinwagen gehört, er fühlt sich locker eine Klasse größer an. Andererseits lässt sich der Konzern seine Qualität – und die ist unbestritten – auch bezahlen. Dafür verlässt allerdings kein einziger Kona die Werkshallen als mager ausgestattete Behelfslösung. Sämtliche Modelle kommen mit autonomem Bremsassistent samt Fußgänger-Erkennung, LED-Scheinwerfern, Navigationssystem, Parkpiepsern, Rückfahrkamera, schlüssellosem Schließsystem, Smartphone-Integration und Tempomat daher.

Die im Winter reichweitenverlängernde Wärmepumpe muss beim Grundmodell indes mit 1200 Euro extra bezahlt werden. Wer beherzt Kreuzchen setzt bei der Bestellung, droht gar, die 50.000-Euro-Grenze zu überschreiten – dann sind aber auch Features wie Glasschiebedach, elektrische Heckklappe, Head-up-Display, Bose-Soundanlage und Vehicle-to-Load-System an Bord. Letzteres erlaubt, den Kona als Steckdose zu benutzen, um zum Beispiel ein E-Bike oder andere Dinge aufzuladen.

Ach ja, ziemlich stylisch sieht der Koreaner auch noch aus mit seinen beiden Leuchtbändern vorn und hinten (teils in markentypischer Pixel-Optik). Dennoch verdammt viel Geld für einen Kleinwagen. Aber immerhin einer, der cool und erwachsen ist.

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