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Borgward Isabella TS Cabrio – Frühlingsfahrt im Klassiker

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Was könnte schöner sein, als den Frühlingseinstand mit einer Runde in einem klassischen Auto zu begehen? ntv.de hat diesmal ein Cabrio aus den 1950ern ausgeführt – ein Borgward Isabella Cabriolet als extrem seltene TS-Ausführung.

Wenn wärmende Sonnenstrahlen die Temperatur auf angenehme Höhen klettern lassen in Deutschland und der Frühling endlich da ist, kommt auch die Zeit, mal wieder ein klassisches Auto auf die Straße zu holen. Das scheinen in dieser Zeit nicht wenige Autofahrer zu denken, denn immer öfter lässt sich die mobile Spezies mit H-Kennzeichen derzeit im Straßenverkehr erblicken.

Zwei Frontscheinwerfer wie Augen, der Kühlergrill wie ein Mund und der Rhombus als Nase? Die “Gesichter” vieler Fünfzigerjahre-Autos sehen besonders niedlich aus und orientieren sich am Kindchenschema.

(Foto: Patrick Broich)

Aber das Isabella Cabrio ist nicht irgendein hochbetagter fahrbarer Untersatz. Keine Frage, von der 200.000-fach gebauten und selbst in den Staaten vertriebenen Borgward Isabella sind bis heute etliche übrig geblieben und die damalige Alternative zu den Produkten aus Stuttgart (ein Mercedes 180 kostet gerade einmal 500 Euro mehr als die Isabella-Limousine in der TS-Ausführung und rangiert damit auf ähnlichem Preislevel) ist heute ein häufiger Gast auf Klassikertreffen. Aber: Eher die geschlossenen Varianten und sicher nicht das Cabriolet!

Wer Ende der 1950er oder Anfang der 1960er um die 16.000 Mark für ein Auto einplanen konnte, bekam beispielsweise einen noblen 190 SL. Borgward als seinerzeit ausgefallene Alternative zum – sagen wir mal – gehobenen automobilen Establishment bot eine offene Offerte ja nur über Umwege an. Das luxuriöse Isabella Coupé als 75 PS starke TS-Ausgabe (Touring Sport) stand im letzten Produktionsjahr 1961 mit deutlich günstigeren 11.500 Mark in der Preisliste. Aber da war Karl Deutsch ja noch nicht im Spiel, für den höchstwahrscheinlich noch ein paar weitere Tausender draufgingen. Der renommierte Kölner Karosserieschneider hatte sich einen Namen damit gemacht, zahlreiche Cabrio-Modelle für Citroën, Ford und Opel zu bauen.

Als Deutsch-Cabriolet ist die Isabella exklusiv

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Das noble Cabrio war damals ungefähr so teuer wie ein Mercedes 190 SL und besticht mit traumhaftem Design.

(Foto: Patrick Broich)

Aus seinen Werkshallen liefen zwischen Mitte der 1950er-Jahre und 1961 etwa 1000 Cabrios namens Isabella, davon werden jedoch nur knapp über 20 Exemplare mit TS-Label kolportiert. Welch ein Glück, dass das Fotoexemplar aus dem Einbecker Automobilmuseum PS-Speicher ein rares offenes TS-Modell ist.

Gut so, und das ist jetzt der passende Moment, mal zu schauen, was es mit “Touring Sport” wirklich auf sich hat und ob diese wohlklingende Ausführung dramatisch besser ist als die Basis. Da wären 15 Mehr-PS (also 75 statt 60), die der 1,5 Liter große Stoßstangen-Vierzylinder vor allem aus der höheren Verdichtung schöpft. Mit 8,2:1 statt 7:1 und daraus resultierend etwas mehr Output wird das Bremer Schmuckstück gleich viel souveräner. Die Limousine jedenfalls (hier liegen Vergleichswerte vor) braucht dann laut Werk nicht mehr 25, sondern “nur” noch 19 Sekunden bis zum Erreichen von 100 km/h und fährt 150 statt 135 Sachen in der Spitze.

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Simples Vierzylinder-Triebwerk mit ganz ordentlicher Laufkultur. 75 Pferdestärken waren damals viel Holz.

(Foto: Patrick Broich)

Doch bei einem Cabrio sind die Fahrleistungen ohnehin trivial, vor allem, wenn es sich dabei auch noch um ein Vehikel handelt, das nicht mehr so schrecklich weit von seinem 70. Geburtstag entfernt ist. Da wird eher die Frage interessant, wie das Auto von jemandem bedient werden kann, der im Alltag eher modernerem automobilen Stoff zugewandt ist. Also einsteigen und probeweise mal Hand anlegen: an den Lenkrad-Schaltstock. Kupplung durchdrücken, Motor starten. Jetzt wird es spannend. Die Erwartungshaltung ist, dass das Getriebe eines so alten Autos total zickig ist. Aber nein, weit gefehlt. Geradezu geschmeidig sogar rasten alle vier Gänge ein, die Isabella ist also gut zu beherrschen. Und die 75 PS? Treiben das Cabrio nicht rasant, aber behände genug voran, während der Vierzylinder unspektakulär, aber immerhin kultiviert vor sich hin wummert.

75 PS können erstaunlich munter wirken

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Das riesige Lenkrad sieht vielleicht nicht schön aus, lässt sich aber leichtgängig bedienen. Servolenkung hatte die Isabella nicht. Dafür eine leicht rastende Lenkradschaltung.

(Foto: Patrick Broich)

In einem so betagten Auto gelten andere Maßstäbe. Schon die architektonische Umgebung kocht den Fahrer herunter, denn die Erwartungshaltung ist ja plötzlich anders. Du denkst, “die olle Isabella geht ja gar nicht so schlecht.” Sie geht schon nicht so gut, verglichen mit modernen Autos, aber eben besser als vermutet. Denn 75 PS sind absolut betrachtet keineswegs wenig Leistung. So schwimmt man im städtischen Verkehr und selbst über Land ganz gut mit im Verkehr.

Auf der Autobahn wird es zäher, das ist klar. Aber mit einem gepflegten Cabrio ist die Landstraße ohnehin die bessere Wahl. Am besten noch die Seitenscheiben herunterlassen, dann ist der Borgward gleich doppelt so genussreich. Erstens optisch mit seiner schlichten Eleganz und der schicken Cabriolinie (Überrollbügel hielten die Ingenieure damals nicht für nötig), sodass man vermutlich selbst an der Côte d’Azur wohlwollende Blicke von Passanten zugeworfen bekäme. Und zweitens fahrerisch, wenn der Wind erfrischend um die Köpfe der Passagiere wirbelt. Im tosenden Sturm fühlt sich die Isabella erst recht quirliger an. Obwohl man sie in Kurven mit Vorsicht genießen sollte. Denn die Pendelachse hinten (eine frühe Form der Einzelradaufhängung) mag damals als performant gegolten haben – im Vergleich zu modernen Fahrwerken ist sie eher eine behäbige Angelegenheit.

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Schnörkel-Schriftzug und Chrom innen spiegeln den automobilen Zeitgeist der Fünfziger perfekt wider.

(Foto: Patrick Broich)

Also geht es vor allem in Kurven gemütlich zu. Und generell sind hohe Geschwindigkeiten nicht die Welt eines Fünfzigerjahre-Autos. In der Betriebsanleitung einer Isabella steht, dass der Motor nur bis 130 km/h “autobahnfest” sei. Demnach muss man wohl mit thermischen Problemen rechnen bei längerer Vollgasfahrt – abgesehen von den Problemen, die man mit dem Gehör bekommen kann vom Lärm der Motors an der Drehzahlobergrenze. Also lieber langsam fahren und das schicke Interieur währenddessen genießen mit den markanten Blecharmaturen in bordeauxrot-beiger Farbgebung. Und während der Bandtacho damals schon als antiquiert galt, zählt er heute zu den interessanten Gimmicks – er ist eben anders.

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Als TS ist die offene Isabella ultraselten. Nur wenig mehr als 20 Exemplare wurden gebaut.

(Foto: Patrick Broich)

Lust bekommen auf ein Borgward Isabella Cabrio? Unmöglich zu bekommen sind die luftigen Luxusobjekte nicht, mit übrigens reichlich Platz im Kofferraum für einen ausgedehnten Wochenendausflug. Allerdings sollte man schon um die 100.000 Euro Budget vorhalten. Da sind die Coupés oder Limousinen schon deutlich bodenständiger, wenngleich in ordentlichem Zustand auch kaum zu haben für unter 20.000 Euro. Dafür ist die einfache Technik beherrschbar und vergällt den Spaß mit dem Borgward nicht durch absurd teure Werkstattrechnungen. Der Frühling darf jetzt kommen.

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